Die Notwendigkeit, Gewalt und Krieg mit dem christlichen Gebot von Nächstenliebe (auch gegenüber dem Feind) und Frieden vereinbar zu machen, brachte die Lehre vom Gerechten Krieg hervor. Demnach können nach Lehre der katholischen Kirche Kriegshandlungen gerechtfertigt sein, wenn bestimmte, eng gefasste Bedingungen erfüllt sind.
Wer sich verteidigen muss, hat ein Recht auf Notwehr mit Waffengewalt. Das gilt bei einem Angriff für Einzelpersonen wie auch für ein ganzes Volk. Der 1992 veröffentlichte Weltkatechismus hebt hervor, dass sich zuvor "alle anderen Mittel, dem Schaden ein Ende zu machen", als "undurchführbar oder wirkungslos" erwiesen haben müssen und "ernsthafte Aussicht auf Erfolg" besteht.
Diese Auffassung geht auf den Kirchenvater Augustinus (354-430) zurück. Demnach ist ein Krieg gerechtfertigt, wenn er den Frieden wiederherstellen und den Gegner nicht vernichten oder berauben soll.
Es muss ausreichend Aussicht auf Erfolg bestehen; alle anderen Mittel müssen ausgeschöpft sein. Zudem dürfen die Schäden nicht größer werden als das zu beseitigende Übel. Schon bei Augustinus ist dabei klar, dass auch ein gerechter Krieg ein sittliches Übel bleibt.
In jüngerer Zeit ist ein Wandel in der christlichen Friedensethik zu beobachten. Dem trug die katholische Deutsche Bischofskonferenz im Jahr 2000 mit ihrem Hirtenwort "Gerechter Friede" Rechnung. Darin verabschiedeten sich die Bischöfe vom Terminus des "Gerechten
Krieges": Krieg sei immer ein Unrecht; nur in Ausnahmefällen könne er hingenommen werden, um weit schlimmeres Unrecht zu verhindern. Dem schloss sich auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) mit der Denkschrift "Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden" (2007) an. Sie argumentiert, dass "in Grenzsituationen" eine "rechtserhaltende Gewalt" ethisch tragbar sei, wenn sie klare Grenzen und vertretbare Ziele habe und international abgestimmt sei. (kna/01.07.2022)