Die Feststellung des heroischen Tugendgrades ist in der katholischen Kirche eine wichtige Etappe auf dem Weg zur Selig- und Heiligsprechung eines verstorbenen Christen. Steht dessen heroischer Tugendgrad nicht fest beziehungsweise wird er während des Verfahrens nicht erwiesen, geht der Prozess nicht weiter.
Unter heroischem Tugendgrad versteht die Kirche, dass der Kandidat eines Selig- und Heiligsprechungsverfahrens die christlichen Tugenden des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe in seinem Leben unter den damaligen Umständen in vorbildlicher Weise gelebt hat.
Mit den drei genannten, auf Gott verweisenden Tugenden müssen die vier klassischen Kardinaltugenden Gerechtigkeit, Klugheit, Tapferkeit und Mäßigung sowie die vom Evangelium hergeleiteten Tugenden Demut, Armut, Keuschheit und Gehorsam einhergehen. Der spätere Papst Benedikt XIV. (1740-1758) hat in seinem vierbändigen Werk über das Verfahren der Selig- und Heiligsprechung (De servorum Dei beatificatione et sanctificatione, 1734-1738) ein bis heute gültiges Konzept der heroischen Tugenden entfaltet.
Die Kirche sieht in der heroischen Tugendübung nicht den Ausdruck menschlicher Leistung, sondern das Wirken und das Geschenk des Heiligen Geistes und seiner Kraft, die in und durch den Kandidaten in einer neuen Weise sichtbar geworden sei. Mit der Ausstellung eines Dekretes über den heroischen Tugendgrad erklären Papst und Kirche, dass der betreffende Diener Gottes die in der Taufe empfangene Heiligkeit bewahrt und in seinem Leben zur vollen Entfaltung gebracht habe (vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen Gentium 40). (kna)