In einem Interview der italienischen Zeitung "Corriere della Sera" hatte der Papst zu bedenken gegeben, vielleicht habe "das Bellen der Nato an Russlands Tür" Wladimir Putin dazu gebracht, den Konflikt auszulösen.
Dieser Konflikt sei von außen geschaffen worden. Er könne nicht sagen, ob es richtig sei, die Ukraine jetzt mit Waffen zu versorgen, so Franziskus weiter. Zugleich hatte er in dem Interview den russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. kritisiert. Dieser dürfe sich "nicht zum Messdiener Putins machen".
Die Äußerungen sorgten in Deutschland für Widerspruch: CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen der "Bild"-Zeitung (Freitag): "Wenn der Papst sich auf das Feld der Politik begibt, ist er nicht unfehlbar." Um sich eine Meinung zu bilden, solle Franziskus "nicht nur nach Moskau reisen, sondern nach Riga, Vilnius oder Tallinn". Denn die kleinen baltischen Staaten hätten Putin nie provozieren wollen, sondern suchten schlicht Schutz vor ihm.
"Wenn Papst Franziskus als Vermittler erfolgreich sein will, muss er entweder politisch neutral bleiben oder sich an die Seite der Schwachen stellen", sagte FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff: "Ich bin sicher, dass er das weiß und bei seinen nächsten Schritten berücksichtigen wird."
Der frühere religionspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, kritisierte: "Der Papst entschuldigt mit seinem Schwadronieren den Aggressor. Die Rolle der Kirche sollte darin bestehen, Russland zur Beendigung der Kampfhandlungen zu bewegen", so der Religionswissenschaftler.
Autor Wladimir Kaminer verwies mit Blick auf die Haltung des Papstes (85) auf dessen Alter: "Bei alten Menschen siegt der Pazifismus über die Logik." Putin sei es nie um die Nato gegangen: "Er hatte nie Angst vor dem Bündnis. Er benutzt die Ost-Erweiterung nur für sein Ziel: Machterhalt um jeden Preis, auch wenn er dafür Nachbarländer überfällt und Tausende Menschen ermordet." (kna)