Hintergrund: Klarer Wahlsieg für Johnson - Brüssel zweifelt an Brexit-Fahrplan

Boris Johnson / © Stefan Rousseau (dpa)
Boris Johnson / © Stefan Rousseau ( dpa )

Der britische Premierminister Boris Johnson hat mit seinem haushohen Sieg bei der Parlamentswahl alle Erwartungen übertroffen und wird den EU-Austritt seines Landes nun vollziehen. "Wir werden den Brexit bis zum 31. Januar vollenden, kein Wenn, kein Aber und kein Vielleicht", sagte Johnson am Freitag vor jubelnden Anhängern in London. Ein zweites Brexit-Referendum sei vom Tisch. Bis Freitagmorgen waren 649 der 650 Wahlkreise ausgezählt. 364 gingen davon an die Konservativen, die damit 47 Sitze hinzugewannen und die absolute Mehrheit erzielten. Labour verlor 59 und kam auf 203 Sitze, die SNP legte 13 Sitze auf 48 zu und die Liberaldemokraten verloren einen Sitz auf elf. Die anderen Sitze entfielen auf kleinere Parteien. EU-Ratschef Charles Michel hofft im Ringen um den Brexit auf schnelle Klarheit. "Wir erwarten die Abstimmung des britischen Parlaments über das Austrittsabkommen so schnell wie möglich", sagte Michel vor dem zweiten Tag des EU-Gipfels in Brüssel. Johnson wollte über das Brexit-Abkommen noch vor Weihnachten abstimmen lassen. Es wurde in London erwartet, dass dies am Samstag in einer Woche (21. Dezember) sein könnte. Einen offiziellen Termin dafür gibt es noch nicht, wie ein Unterhaussprecher der Deutschen Presse-Agentur sagte. Eine Zustimmung gilt als sicher. US-Präsident Donald Trump gratulierte Johnson zu einem "großartigen Sieg". "Großbritannien und die Vereinigten Staaten werden nun nach dem Brexit frei sein, ein riesiges Handelsabkommen zu schließen", twitterte Trump. "Dieser Deal hat das Potenzial, weitaus größer und lukrativer zu sein als jeder Deal, der mit der EU geschlossen werden kann", schrieb Trump weiter. «Feiert Boris!» Kritiker befürchten, dass ein solches Abkommen auch als sinnvoll erachtete Regulierungen der EU - etwa in der Landwirtschaft - beeinträchtigen wird. In Schottland räumte die Schottische Nationalpartei ab, was Spekulationen über ein möglicherweise neues Unabhängigkeitsreferendum befeuerte. SNP-Chefin Nicola Sturgeon kündigte an, für ein zweites Unabhängigkeits-Referendum zu kämpfen. "Boris Johnson hat erstens kein Recht, Schottland aus der EU zu nehmen, und zweitens kein Recht zu verhindern, dass das schottische Volk über seine eigene Zukunft bestimmt", sagte die schottische Regierungschefin. Dem Austrittsabkommen zufolge soll das Land bis Ende 2020 in einer Übergangsphase bleiben. Bis dahin will Johnson einen Vertrag über die künftigen Beziehungen mit der Staatengemeinschaft aushandeln. Die Zeit dafür gilt jedoch als denkbar knapp. Eine Verlängerungsoption um bis zu zwei Jahre, die noch bis Juli 2020 möglich ist, hat der Premier ausgeschlossen. Sollte kein Anschlussabkommen zustande kommen, droht Ende kommenden Jahres wieder ein No-Deal-Szenario. (dpa)