Eine Initiative von Imamen in Deutschland hat den Ausschluss afghanischer Frauen von Universitäten durch die Taliban kritisiert. "Dies steht im fatalen Widerspruch zum Islam, wie wir ihn verstehen und vermitteln", hieß es am Dienstag in einer Erklärung der neu gegründeten Initiative "Begegnung zwischen Imamen, Wissenschaft und Gesellschaft", die der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt. "Der Prophet Mohammed unterstrich, dass Bildung eine 'religiöse Pflicht für jeden Mann und für jede Frau ist'".
Zudem lehre der Islam, dass der Mensch, ob Mann oder Frau, ein von Gott gewolltes selbstbestimmtes Subjekt ist. Gerade Bildung schaffe die nötigen Rahmenbedingungen für die Entfaltung dieser Selbstbestimmung des Einzelnen. Weiter heißt es: "Frauen daran zu hindern, Bildungsinstitutionen zu besuchen bzw. zu arbeiten und sich zu verwirklichen, zementiert Strukturen der Abhängigkeit dieser Frauen vom Patriarchat."
Die islamische Geschichte liefert laut der Erklärung zahlreiche Beispiele dafür, dass sich Frauen nicht nur in religiösen Institutionen, sondern auch in der Wirtschaft, Medizin, Naturwissenschaft und in den Geisteswissenschaften aktiv eingebracht haben und heute stark einbringen. "Die Reduzierung der Frau durch die Taliban auf ein Objekt der Hörigkeit bzw. Objekt der sexuellen Vergnügung für Männer ist eine frauenfeindliche Haltung, die wir entschieden ablehnen", so die Imame.
An die deutsche Politik und Zivilgesellschaft appellieren die islamischen Gemeindevorsteher, konkrete Schritte zu unternehmen, um den Frauen vor Ort zu helfen, ihre Rechte auf Bildung und Freiheit zurückzubekommen. "Die Politik darf es nicht bei Appellen belassen."
Die Taliban-Regierung hatte in der vergangenen Woche den Universitätsbesuch von Frauen verboten. Bildungsminister Neda Mohammed Nadim begründete den Schritt mit Regeln des Islam.
Der neuen Initiative "Begegnung zwischen Imamen, Wissenschaft und Gesellschaft" gehören bisher 25 Imame an, darunter der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie der Universität Münster, Mouhanad Khorchide. Sie werde demnächst als eingetragener Verein "Imame und deren Wirken sichtbarer machen und ihnen eine Bühne geben, sich Gehör in der Gesellschaft zu verschaffen", so Khorchide gegenüber KNA. (27.12.2022)