Die Finanzierung der Kirchen ist in vielen Ländern Europas in der Diskussion und steht unter wachsendem Legitimationsdruck der Öffentlichkeit. Die Unterschiede zwischen den Ländern sind sehr groß durch unterschiedliche Entwicklungen.
Während in den meisten Weltregionen der Kirchenbetrieb durch Spenden, Kollekten und sonstige Zuwendungen von Gläubigen bestritten wird, sorgten in Europa gesellschaftliche, historische und politische Entwicklungen für verschiedene Entwicklungen. In Deutschland etwa hat die Weimarer Reichsverfassung die bis heute praktizierte Kirchensteuer eingeführt. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) sorgt für eine Übersicht.
Der Vergleich macht deutlich, dass es nicht nur um die Frage geht, wie die Kirchen ihre spezifischen Aufgaben und Strukturen (Gottesdienst, Seelsorge, Caritas etc.) finanzieren. Zentral ist auch, wie Staat und Kirche beim Erhalt von kirchlichen Kulturgütern (Baulast) und bei der Finanzierung kirchlicher Sozial-, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen zusammenwirken.
Österreich hat seit 1939 ein von der damaligen NS-Führung eingeführtes Kirchenbeitragssystem - gegen das die Bischöfe damals 1939 noch geschlossen schriftlich protestiert hatten. Dem deutschen Kirchensteuersystem nicht unähnlich, wird der Kirchenbeitrag vom steuerpflichtigen Jahreseinkommen von Kirchenmitgliedern berechnet.
Anders als in Deutschland wird der Beitrag nicht vom Staat, sondern von den Bistümern eingezogen. Daraus werden die kirchlichen Kernaufgaben wie Seelsorge, Gebäudeerhalt, Soziales, Bildung, Kultur und Entwicklungszusammenarbeit finanziert.
Beiträge an anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften sind teils als Sonderausgaben von der Einkommensteuer absetzbar. Zudem erhält die Kirche vom Staat jährlich "Wiedergutmachungszahlungen", eine Entschädigung für Vermögen, das ihr in der Nazizeit entzogen und später nicht mehr zurückgegeben wurde. In den Budgets der Diözesen machen sie rund 8 Prozent aus.
In Italien zieht zwar wie in Deutschland und Österreich der Staat eine Art Kirchensteuer ein. Allerdings geht diese nicht zusätzlich vom Einkommen ab, sondern vom gesamten Aufkommen der persönlichen Einkommenssteuer. Seit 1984 kann jeder Steuerpflichtige in seiner Steuererklärung völlig frei entscheiden, ob er festgesetzte acht Promille (0,8 Prozent, "ottopermille") entweder dem Staat oder einer von derzeit zwölf Religionsgemeinschaften zuweist, die mit dem Staat ein solches Abkommen haben.
Dieser sogenannten Mandats- oder Kultursteuer kann man sich nicht durch Kirchenaustritt entziehen; sie wird von allen Steuerzahlern entrichtet. Allerdings geben nur gut 40 Prozent an, wem sie ihren Anteil zuweisen. Entsprechend dieser Aufteilung wird der Rest den Empfängern vom Staat zugewiesen; damit erhält die katholische Kirche noch gut 70 Prozent der gesamten Einnahmen.
Spanien: Eine ähnliche verpflichtende Widmung eines Steueranteils für Kirchen oder Kultur gibt es seit 1978/82 auch in Spanien. Die Steuerpflichtigen entscheiden Jahr für Jahr freiwillig mit ihrer Steuererklärung, ob ein 0,7-Prozent-Anteil ihrer Steuerschuld entweder der Kirche oder anderen sozialen oder kulturellen Zwecken zufließt. Linksparteien streben eine Senkung des Beitrags sowie auf Dauer eine Selbstfinanzierung der Kirchen an.
Frankreich: Seit der strikten Trennung von Staat und Kirche 1905 erhält die Kirche im katholisch geprägten Frankreich keinerlei staatliche Zuschüsse mehr; sie ist allein auf die Spenden von Gläubigen angewiesen. Priester und Bischöfe bekommen monatlich rund 950 Euro, von denen teils noch Unterkunft und/oder Verpflegung zu bestreiten sind.
Die Einkünfte der Diözesen sind gemäß dem Gesetz von 1905 an die Finanzierung der kirchlichen Kernaufgaben gebunden: Gottesdienst, Seelsorge, Caritas etc. Die Diözesen sind aufgefordert, Rücklagen zu bilden, die ungefähr einem Ausgabenjahr entsprechen. Dennoch ist deren Finanzlage höchst uneinheitlich. In den Departements Elsass und Mosel - im Stichjahr 1905 bei Deutschland - besitzt das Konkordat Napoleons von 1801 weiter Geltung; die Bistümer sind dort also weder für den Unterhalt der nach 1905 errichteten Gotteshäuser noch für die Pfarrergehälter zuständig.
In Belgien finanziert seit Napoleon der Staat über verschiedene rechtliche Konstruktionen direkt oder indirekt die Aufgaben der Kirche (Pfarrgehälter, Baulast etc.) - so wie es auch in Frankreich zwischen 1801/02 und 1905 war. Zur Finanzierung kirchlicher Einrichtungen und Projekte sind ständige Verhandlungen mit staatlichen Behörden notwendig. Verstimmungen auf den unterschiedlichen staatlichen Ebenen können also kirchliche Vorhaben dauerhaft blockieren.
Andererseits fühlen sich die Gläubigen bei Anfragen an die persönliche Freigiebigkeit (Kollekten etc.) strukturell wenig angesprochen; unwahrscheinlich, dass sie selbst für die Kirchenfinanzierung einspringen würden. Gleichwohl steht das jetzige System gesellschaftlich unter Druck. Reformen werden aber auf die lange Bank geschoben.
In der Schweiz wurden seit jeher auf Kantonsebene regionale Lösungen entwickelt. Grundsätzlich räumen die Eigenheiten des Schweizer Staatskirchenrechts den Laien eine stärkere Mitbestimmung ein, als es das allgemeine Kirchenrecht vorsieht. Neben den Diözesen gibt es in fast allen Kantonen im staatlichen Recht verankerte, demokratisch verfasste Körperschaften. Aus dieser Doppelstruktur erwachsen Spannungen.
Aus den Kommunen ausgelagerte öffentlich-rechtliche Kirchgemeinden setzen jeweils die lokale Kirchensteuer fest und nehmen diese auch ein. Sie agieren unabhängig von der Diözesanleitung; und aus ihren Töpfen werden die Pfarreien und letztlich auch Teile des Bischofshaushalts finanziert. Die Tatsache, dass die Kirchgemeinden und die kantonalen Körperschaften über die Kirchensteuern verfügen, verstärkt die Neigung, hauptsächlich auf den eigenen Kirchturm zu schauen. Das erschwert die Finanzierung übergreifender pastoraler Vorhaben auf diözesaner und überdiözesaner Ebene.
Der Bischof muss sich mit den staatskirchenrechtlich verfassten Verwaltungsgremien aus engagierten Laienkatholiken wie "Landeskirche" oder "Kantonalkirche" in finanziellen Angelegenheiten einigen. Auch sonst hat er keine volle Kontrolle über die finanziellen Aktivitäten der Kirche. Sprich: Die Landeskirchen können mit Steuermitteln Aktivitäten unterstützen, die nicht in seinem Sinne sind.
Auch Unternehmen (als juristische Person) müssen in manchen Kantonen Kirchensteuer zahlen; allerdings wird diese Bestimmung vermehrt infrage gestellt. Die nachlassende Kirchenbindung auch in der Schweiz ist eine "Zeitbombe" - denn den Großteil der Kirchensteuer leisten schon jetzt Menschen, die der Kirche eher distanziert gegenüberstehen.
England/Vereinigtes Königreich: Zwar ist die anglikanische Kirche die Staatskirche von England; 26 ihrer Bischöfe sind geborene Mitglieder im Oberhaus des Parlaments. Doch erhält keine einzige Kirche im Vereinigten Königreich staatliche Finanzunterstützung, etwa in Form von Steuern; Kirchensteuern gibt es auf der Insel nicht.
Einzig der Erhalt denkmalgeschützter Gebäude kann seit 1979 subventioniert werden. Auch werden Spenden an registrierte Wohltätigkeitsorganisationen (auch kirchliche) steuerlich begünstigt. Die katholische, dann anglikanische Kirche wurde niemals für frühere Enteignungen entschädigt, etwa unter König Heinrich VIII. im 16. Jahrhundert. Grob gesagt finanzieren sich die Kirchen im Vereinigten Königreich vor allem durch Spenden ihrer Mitglieder.
Ungarn hat 1997/2004 ebenfalls eine frei gewählte, aber verpflichtende Zweckwidmung von ein bis zwei Prozent des Steueranteils für kirchliche, soziale, kulturelle oder humanitäre Zwecke eingeführt. Die vergleichsweise großzügige staatliche Kirchenfinanzierung wird auch als Entschädigung für die Verfolgung in kommunistischer Zeit verstanden.
Polen: Aus dem Staatshaushalt fließen inzwischen mehr als 40 Millionen Euro pro Jahr in einen sogenannten Kirchenfonds. Er wurde 1950 als Ausgleich für die damalige Enteignung der Religionsgemeinschaften geschaffen. Aus dem Fonds werden Beiträge für die Rente und andere Sozialversicherungen eines Großteils der Geistlichen aller Konfessionen sowie Instandhaltungskosten für Kirchen bezahlt. In Polen gibt es keine Kirchensteuer. Die Konfessionen finanzieren sich ansonsten vor allem durch Kollekten und Spenden.
Oppositionsparteien fordern seit langem eine Abschaffung des Kirchenfonds. Die nationalkonservative Regierung hält aber an den staatlichen Zuschüssen fest. 2013 hatte sich die damalige rechtsliberale Regierung mit der katholischen Kirche verständigt, den Fonds durch eine freiwillige Kirchenabgabe der Steuerzahler von 0,5 Prozent der Steuerlast nach italienischem Vorbild zu ersetzen. Sie setzte ihren Plan aber nach massiver Kritik nicht um.
2012 kostete der Fonds den Staat noch etwa 22 Millionen Euro; seither steigen die jährlichen Ausgaben fast kontinuierlich an. Das Innenministerium erklärte das zuletzt vor allem mit der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns, der zur Berechnung der Versicherungsbeiträge herangezogen wird.
Slowakei: Mit der Neuordnung der Kirchenfinanzierung löste 2020 die aktuelle Regierungskoalition ein Wahlversprechen ein - und damit ein immer noch gültiges Gesetz aus kommunistischer Zeit ab. Die Subventionen an die 18 staatlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften werden nun nach der Zahl der Mitglieder und nicht mehr nach der der Geistlichen gezahlt. Der Staat weist weiter die Gehälter der Priester sowie die Betriebskosten der kirchlichen Zentralen an.
Die Kirchen und Religionsgemeinschaften haben in der Verteilung der Dotation nunmehr freie Hand. Anders als bisher können sie jetzt selbst bestimmen, wen oder was sie damit finanzieren. Sie müssen aber alljährlich öffentlich Rechnung legen und die Zweckmäßigkeit ihrer Entscheidungen nachweisen. Fällt oder steigt die Mitgliederzahl bei der alle zehn Jahre fälligen Volkszählung um mehr als zehn Prozent, wird die staatliche Dotation einmalig gesenkt oder erhöht. (kna/05.03.2024)