Wie viel Platz wollen und müssen wir Religion in der Schule einräumen? Diese Frage hat Gerichte in Deutschland nicht nur im Zusammenhang mit dem sogenannten Kopftuch-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 2003 beschäftigt. Auch andere Gerichtsentscheidungen sorgten bundesweit in den vergangenen Jahren für Aufsehen. Zu einem der bekanntesten Fälle gehört das sogenannte Kruzifix-Urteil. 1995 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass in Klassenzimmern keine Kruzifixe hängen dürfen. Zur Begründung hieß es, es widerspreche der Religionsfreiheit.
Wirkliche Konsequenzen hatte das Urteil jedoch nicht. Die Bundesländer, allen voran Bayern, fanden andere Wege, um die Kreuze hängenzulassen - denn die Verletzung der Religionsfreiheit muss nun einzeln geltend gemacht werden, was in der Praxis jedoch kaum geschieht. 2011 wurde der Streit auch auf europäischer Ebene ausgetragen: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied, dass die Kruzifixe - zumindest in italienischen Klassenzimmern - hängen bleiben können.
Streitbar waren nicht nur Christen und Atheisten. Auch streng gläubige Muslime kämpften - wie schon beim Kopftuch-Urteil - für ihre Form der Religionsausübung. 2011 wies das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Klage eines 18-jährigen Schülers ab, der in der Schule am Mittag gen Mekka beten wollte. Ein rituelles Gebet sei zwar nicht generell verboten, aber in diesem Fall störe es den Schulfrieden, entschieden die Richter. An der Multikulti-Schule sind alle fünf Weltreligionen und verschiedene Strömungen des Islam vertreten.
Später entschied das Gericht wieder ähnlich. Ein muslimisches Mädchen begehrte aus religiösen Gründen vom gemeinsamen Schwimmunterricht mit Jungen befreit zu werden. Aus Sicht der Richter ging das zu weit. Der Schwimmunterricht sei ihr zuzumuten - zur Not eben im Burkini, einer Art Ganzkörperbadeanzug mit Kapuze. Die Zahl der Klagen reißt unterdessen nicht ab: Bald muss auch das Bundesverfassungsgericht wieder sprechen und klären, ob muslimisches Schulpersonal ein juristisches Schlupfloch nutzen kann - und statt Kopftuch Mütze tragen darf.