An Neujahr übernimmt der Ex-Gewerkschaftsführer, Ex-Präsident und Ex-Häftling Luiz Inacio Lula da Silva für die nächsten vier Jahre die Regierung in Brasilien. Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende ehemalige Metaller hatte die Stichwahl Ende Oktober knapp gegen Amtsinhaber Jair Messias Bolsonaro (67) gewonnen.
Es ist bereits die dritte Amtszeit als Präsident für den 77-jährigen Linken. Er hatte Brasilien in zwei Amtszeiten von Januar 2003 bis Dezember 2010 regiert. Als er Anfang 2011 sein Amt an die von ihm auserkorene Nachfolgerin Dilma Rousseff übergab, galt "Lula" mit Zustimmungswerten von 87 Prozent in Brasilien als der beliebteste Präsident aller Zeiten.
So hatte er mit Sozialprogrammen wie "Fome Zero" (Null Hunger) und "Bolsa Familia" (Familienstipendium) die extreme Armut in dem südamerikanischen Land erfolgreich bekämpft. Millionen Familien stiegen in die neue Mittelschicht auf. Angetrieben von einem Rohstoffboom und Exporten nach China schaffte es Brasilien mit seinen rund 208 Millionen Einwohnern bis auf den sechsten Platz der größten Volkswirtschaften der Welt.
Damals schien Lula alles zu gelingen. Er holte die Fußball-WM 2014 und Olympia 2016 ins Land. Später sollten die überteuerten Stadien als Teil eines gigantischen Korruptionsskandals identifiziert werden, der Brasilien an den Rand des politischen Chaos führte. Im Mittelpunkt der mehrere Parteien und große Bauunternehmer umfassenden Korruptionsnetzwerke standen Lula und seine Arbeiterpartei PT.
So wurde Lula, der einst als erster brasilianischer Gewerkschaftsführer zum Präsidenten aufstieg, 2018 der erste Ex-Präsident, der wegen Korruption und Geldwäsche ins Gefängnis musste. Er beteuerte stets seine Unschuld und sprach von einem Komplott gegen ihn und seine Partei. 580 Tage saß er in Haft, bevor die Ermittler und der zuständige Richter als befangen eingestuft und Lulas Verurteilungen annulliert wurden.
Seinen knappen Sieg gegen den Ex-Militär Bolsonaro hat Lula zu einem großen Teil auch Fehlern seines Widersachers zu verdanken. Bolsonaros Versagen im Kampf gegen Corona sowie frauenfeindliche und rassistische Äußerungen lieferten Lula die vielleicht entscheidende Munition für seinen Wahlsieg. Aus dem Palast in den Knast und wieder zurück: Das hat vor Lula noch keiner geschafft. (kna/29.12.2022)