Mit dem Begriff Primat des Papstes (lat. primatus - Vorrangstellung) wird die besondere Stellung des Bischofs von Rom bezeichnet. Seit dem dritten Jahrhundert beansprucht er für sich den Vorrang unter den Bischöfen und Patriarchen der christlichen Kirche.
Der Anspruch wird abgeleitet von der Stellung Roms als Hauptstadt des Römischen Reiches und der Grabstätte des Apostels Petrus, der als von Jesus eingesetztes Oberhaupt der Apostel gilt. Unter den fünf Patriarchaten der alten Kirche nahm der in Rom ansässige Patriarch des Westens den Ehrenvorsitz als "Erster (primus) unter Gleichen" ein. Seit dem Konzil von Chalcedon (451) konkurrierten Rom und Konstantinopel um den Ehrenvorsitz.
Besonderer Vormachtsanspruch
Die von den Päpsten des 11. Jahrhunderts beanspruchte Vormachtstellung für die gesamte Kirche wird im "Dictatus Papae" (1075) von Papst Gregor VII. zugespitzt formuliert: "Nur der römische Bischof wird zu Recht universal genannt." Und: "Sein Urteil darf von niemandem verändert werden, und nur er kann die Urteile aller abändern."
Dieser besondere Anspruch trug zur Kirchenspaltung von 1054 bei, nach der sich die Kirchen in West und Ost getrennt voneinander entwickelt haben. Seit westliche Kreuzritter 1204 mit päpstlicher Rückendeckung Konstantinopel plünderten, verweigerten die Ostkirchen endgültig die Anerkennung des Papstprimats.
Jurisdiktionsvollmacht und absolute Lehrvollmacht
Im Ersten Vatikanischen Konzil wurde 1870 ferner festgeschrieben, dass der Papst Jurisdiktionsvollmacht und absolute Lehrvollmacht für die gesamte christliche Kirche hat. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) betonte hingegen die Beteiligung des Bischofskollegiums am päpstlichen Lehramt. Papst Johannes Paul II. erklärte 1995 in der Enzyklika "Ut unum sint" erstmals eine Bereitschaft des Bischofs von Rom, im Dialog mit den anderen Kirchen eine neue Form der Ausübung des Papstamtes zu finden. (KNA / 13.06.2024)