Reaktionen zum BILD-Urteil des Landgerichts Köln

 © Julia Steinbrecht (KNA)
© Julia Steinbrecht ( KNA )

In einem presserechtlichen Verfahren gegen den Axel Springer Verlag wurde Kardinal Woelki als Kläger persönlich vernommen. Das Landgericht verbot der "Bild"-Zeitung erneut einige Aussagen über ihn. "Bild" geht in Berufung.

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat in einem Rechtsstreit gegen den Axel-Springer-Verlag erneut einen Erfolg erzielt. Das Landgericht Köln verbot in einem am Mittwoch verkündeten Urteil einige Äußerungen der "Bild"-Zeitung, weil sie das Persönlichkeitsrecht des Kardinals verletzten. Unter anderem darf die Zeitung nicht mehr verbreiten, der Erzbischof habe einen Priester befördert, obwohl er zwei belastende Dokumente gegen den Geistlichen gekannt habe. Der Verlag nannte das Urteil "skandalös" und kündigte an, Berufung einzulegen.

In dem zivilrechtlichen Verfahren hatte die Pressekammer unter Vorsitz von Richter Dirk Eßer da Silva Ende März Woelki persönlich vernommen. Der Erzbischof klagte gegen einen im Mai 2021 veröffentlichten Online-Bericht von "Bild", wonach er im Jahr 2017 den Priester befördert habe, obwohl er eine Warnung der Polizei vor einem Einsatz des Geistlichen in der Jugendarbeit und ein anderes belastendes Dokument aus dessen Personalakte gekannt habe. Der Geistliche hatte unter anderem im Jahr 2001 sexuellen Kontakt zu einem 16-jährigen Prostituierten. Danach hatte es Gerüchte um weiteres übergriffiges Verhalten gegeben.

Laut dem Urteil ist es der "Bild"-Zeitung nicht gelungen, die ehrenrührige Äußerung zu beweisen, dass Woelki die Inhalte der beiden Dokumente zum Zeitpunkt der Beförderungsentscheidung bekannt gewesen seien. Zwei vor der Kammer vernommene Zeugen - die frühere Sekretärin von Woelkis Vorgänger Kardinal Joachim Meisner und der ehemalige Missbrauchsbeauftragte des Erzbistums Köln, Oliver Vogt - hätten die konkreten Beweisfragen nicht bestätigt. Auch die Vernehmung Woelkis habe nicht ergeben, dass er Kenntnisse über die fraglichen Schriftstücke gehabt habe.

Woelkis Rechtsbeistand Carsten Brennecke erklärte nach dem Urteil, der Erzbischof habe unter Eid Rede und Antwort gestanden. "Mit diesem historisch einmaligen Schritt eines deutschen Kardinals" habe er sich erfolgreich erneut gegen unzulässige "Bild"-Berichte verteidigt.

Der Axel-Springer-Verlag kündigte an, vor dem Oberlandesgericht Berufung einzulegen. "Die Entscheidung des LG Köln ist - wohl im Auge eines jeden Prozessbeobachters - skandalös", teilte ein Sprecher auf Anfrage mit: "Die legitimierte Aufgabe der Presse, Missbrauchstaten aufzudecken, wird durch die vom LG Köln angelegten Maßstäbe unmöglich gemacht."

Das Landgericht habe die beiden Zeugenaussagen nicht ausreichend gewürdigt, fügte der Sprecher hinzu. Außerdem bleibe noch abzuwarten, ob sich Woelki in diesem Verfahren des Meineids oder der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung schuldig gemacht habe.

Der Kardinal hatte nicht nur vor dem Landgericht unter Eid ausgesagt, sondern zuvor auch die Darstellung der "Bild" in einer eidesstattlichen Versicherung zurückgewiesen. Nachdem die frühere Meisner-Sekretärin vor Gericht ausgesagt hatte, sie habe Woelki schon um das Jahr 2010 in seiner Zeit als Kölner Weihbischof über Saunabesuche des Priesters mit Messdienern oder den bei einer Rom-Reise erfolgten Kauf von Unterhosen mit Penis-Darstellungen informiert, ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen Woelki wegen des Verdachts einer Falschaussage. Diese Ermittlungen laufen noch. Die Sekretärin sagte in dem Zusammenhang auch, dass sie die Personalakte des Priesters und die Polizeiwarnung nicht gesehen und mit Woelki daher auch nicht darüber gesprochen habe.

Der frühere Missbrauchsbeauftragte Vogt hatte ausgeführt, er habe Woelki 2015 verschiedene Dokumente über den betreffenden Priester zukommen lassen. Er könne sich aber nicht mehr daran erinnern, ob in der Materialsammlung auch die beiden Dokumente enthalten waren.

Wegen anderer "Bild"-Berichte über den Umgang Woelkis mit dem beförderten Priester hatte das Oberlandesgericht Köln bereits im März in zweiter und letzter Instanz der Zeitung vier von sechs Aussagen verboten. So sei es unzulässig zu schreiben, Woelki habe einen "Sexualstraftäter" befördert, da nach damaligem Recht das Verhalten des Priesters nicht strafbar gewesen sei. Dagegen zulässig gewesen sei die Überschrift "Kardinal Woelki beförderte Missbrauchs-Priester". Denn die Formulierung "Missbrauchs-Priester" umfasse neben der rechtlichen auch eine moralische Bewertung. (KNA 26.04.2023)