Über 1000 Kitas in NRW mussten zuletzt Betreuungsstunden kürzen, Gruppen oder sogar die ganze Einrichtung schließen. Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels dringt der Städtetag auf unkonventionelle Lösungen.
Als Antwort auf chronischen Fachkräftemangel in den Kitas schlägt der nordrhein-westfälische Städtetag vor, auch weitergebildetes Personal ohne einschlägige Berufsausbildung einzusetzen. "Der Fachkräftemangel in den Kindertageseinrichtungen in NRW spitzt sich weiter zu", sagte der stellvertretende Vorsitzende des Städtetags NRW, Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD), der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. "Es wird für die Städte und andere Träger immer schwieriger, die Betreuungszeiten anzubieten, die Eltern für ihre Kinder brauchen." Wenn dann noch eine Krankheitsphase dazu komme, reiche die Personaldecke oft nicht mehr aus, um die Betreuung aufrecht zu erhalten.
"Das Land muss jetzt handeln", verlangte der Städtetagsvize. "Die Städte suchen händeringend Fachpersonal. Es gibt aber keines." Daher müsse NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne) sich jetzt endlich bewegen und den Einsatz von geeignetem, weiterbildungsbereitem Personal ermöglichen.
"Solche Ergänzungskräfte könnten helfen, die Situation zumindest kurzfristig zu entspannen", betonte Eiskirch. Das Land solle daher ein Qualifizierungskonzept für diese zusätzlichen Kräfte erarbeiten und dabei die Kommunen, die beiden Landesjugendämter sowie die Wohlfahrtsverbände und Kirchen beteiligen.
"Die Personalverordnung des Landes muss in dieser akuten Situation flexibler werden", forderte Eiskirch. Außer "rein kosmetischen Änderungen" sei aber bislang nichts passiert. Zwar sei der Einsatz von Psychologen, Sport- und Kunstpädagogen in Kitas ermöglicht worden. "Das sind aber Berufsgruppen, die selbst vom Fachkräftemangel betroffen sind", stellte der SPD-Politiker fest.
Das Land müsse den Fachkräftemangel in den Sozial- und Erziehungsberufen endlich systematisch angehen. Dazu gehörten mehr Ausbildungskapazitäten sowie die schnellere und einfachere Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse.
Darüber hinaus fordert der Städtetag finanzielle Entlastung der Träger. "Frühkindliche Bildung im Kita-Bereich muss wie Schulbildung als Landesaufgabe öffentlich finanziert werden", sagte Eiskirch. Ein höherer Landesanteil an der Finanzierung der Kindertagesbetreuung ermögliche auch eine Bezahlung von Auszubildenden in der Kita.
Laut einer kürzlich veröffentlichten Vorlage des Familienministeriums musste etwa jede zehnte der rund 10 700 Kindertagesstätten in NRW im Februar wegen Personalmangels ihre Angebote teils drastisch einschränken. In einer im März vorgestellten Befragung von Kita-Leitungen für den Verband Bildung und Erziehung bestätigten 99 Prozent, dass der Personalmangel auch mehr Fehlzeiten und Krankschreibungen der Beschäftigten verursache.
Paul hatte den Mangel eingeräumt, gleichzeitig aber betont, dass dieser "nicht einfach mit einem Fingerschnipsen", sondern nur kontinuierlich und mit einem Bündel an Maßnahmen bewältigt werden könne. Ein Sofortprogramm der Landesregierung sei ein erster Schritt zur Entlastung. (dpa, 11.04.2023)