Die Polizei hat in Kambodscha das Feuer auf demonstrierende Textilarbeiter eröffnet und dabei mindestens drei Menschen erschossen. Menschenrechtsaktivisten sprachen am Freitag von mindestens fünf Toten und mehr als 20 Verletzten, die Polizei bestätigte der Zeitung "Cambodia Daily" drei Tote. Die Regierung rechtfertigte das harte Vorgehen. Die Oppositionspartei habe die Arbeiter angestachelt, sagte Regierungssprecher Phay Siphan.
Mehrere hundert Arbeiter versammelten sich erneut in der Hauptstadt Phnom Penh und nahmen an einem Protestzug teil, wie Chan Soveth von der lokalen Menschenrechtsorganisation Adhoc sagte. Die Textilarbeiter kämpfen um höhere Löhne. Ähnliche Kundgebungen gibt es seit Tagen. Nach Polizeiangaben warfen die Demonstranten mit Steinen und Benzinbomben. Daraufhin hätten etwa 200 Militärpolizisten das Feuer mit Sturmfeuergewehren eröffnet, berichtete die Zeitung.
Die Menschenrechtsaktivisten von Adhoc verurteilten das Vorgehen der Polizei als unverhältnismäßige Gewaltanwendung. Die Protestwelle dauert seit mehr als einer Woche an. Am Donnerstag waren 15 Arbeiter und Aktivisten festgenommen worden.
Nach Gewerkschaftsangaben streiken die meisten der 600 000 Textilarbeiter, meist Frauen, oder sind von Fabrikbesitzern wegen drohender Streiks ausgesperrt worden. Sie verlangen eine Verdoppelung des Monatsmindestlohns von zur Zeit umgerechnet knapp 60 Euro. Die Regierung hat nur 25 Prozent Erhöhung angeboten. Die meisten Fabriken sind wegen der Streiks geschlossen.
Der Textilsektor ist die größte Exportindustrie Kambodschas mit Einkünften von mehr als fünf Milliarden Dollar in diesem Jahr. Kamdbodscha ist aber bei weitem nicht das einzige Land, in dem die Produktionsbedingungen für Textilarbeiter schlecht sind. Hinzu kommen mangelnde Sicherheitsvorkehrungen und Baumängel. Im April 2013 war in Bangladesch ein Fabrikgebäude in der Nähe der Hauptstadt Dhaka in sich zusammengestürzt, dabei starben mehr als 1100 Menschen, fast 2500 wurden verletzt. Das Unglück hatte bei Verbrauchern und Herstellern in wohlhabenderen Ländern eine Diskussion über die Produktionsbedingungen und den Kauf von Billigtextilien entfacht.
In Kambodscha lassen Unternehmen wie Levi’s, Walmart, Puma, Adidas und H&M Kleidung und Schuhe fertigen. Doch im internationalen Vergleich rangiert das südostasiatische Land als Produktionsstandort noch weit hinten. Nach Angaben des Consulting-Unternehmens McKinsey hat China 18 000 Textilfabriken, Indien 11 000 und Bangladesch 5000. Kambodscha kommt mit 250 erst auf dem siebten Platz. (dpa)