Der evangelische Theologe Peter Dabrock hat Verständnis für Friedensinitiativen gezeigt, die Waffenlieferung an die Ukraine kritisieren und auf ein rasches Ende des Krieges drängen. Zwar gelte für die Ukraine das uneingeschränkte Recht der Selbstverteidigung und ihr dürften keine Vorschriften gemacht werden, wie sie sich zu verhalten habe, sagte der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrates am Dienstag im Deutschlandfunk. Doch dürfe in Deutschland die Solidarität mit der Ukraine auch "legitime Grenzen haben", betonte der Ethiker. Für Nothilfe gelte der ethische Grundsatz, dass sie nicht so weit gehen müsse, "dass man sich in einem erheblichem Maße selbst gefährdet".
Schwierig dabei sei die Abwägung, wo diese Grenzen zu ziehen seien, so Dabrock weiter, der Systematische Theologie an der Universität Erlangen lehrt. "Ist damit gemeint, das Risiko des Atomkrieges oder ist damit gemeint, dass wir im Winter frieren oder dass bei uns die Volkswirtschaft zusammenbricht?" Egal, für welche Seite man sich in dieser Diskussion entscheide, es entstehe auf der anderen Seite "ein ungeheurer Schatten", um den aktuell gerungen werde, sagte der Theologe. "Die klassischen Friedens- und Kriegsethiken, die wir haben, die greifen hier nicht mehr, die sind viel zu grobkörnig."
Gleichzeitig mahnte Dabrock eine bessere Kommunikation seitens der Regierung an. Es müsse zwar nicht jede politische Einzelentscheidung schon im Vorhinein verkündet und erklärt werden. Doch müsse die Politik deutlich machen, dass sie die gesellschaftliche Diskussion wahrnehme und offen kommunizieren, "an welchen Dingen man dran ist und welche Risiken man bereit ist, in Kauf zu nehmen". (KNA, 03.05.2022)