Nach Tod Pinochets: Katholische Kirche in Chile mahnt zum Respekt vor dem Toten - Unruhen und Kämpfe in Santiago

Gnade, auch mit dem größten Sünder

In Chile ist es nach dem Tod von Ex-Diktator Augusto Pinochet zu Zusammenstößen gekommen. Tausende Chilenen feierten am Sonntagabend den Tod des früheren Militärmachthabers, der am Sonntag im Alter von 91 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben war. Gleichzeitig bekundeten Tausende Anhänger Pinochets öffentlich ihre Trauer. Warum diese unterschiedlichen Gefühle? Hören Sie im domradio-Interview die Lateinamerika-Expertin Patricia Graf. - Die Katholische Kirche mahnte unterdessen zum Respekt vor dem Toten.

 (DR)

Keine Staatstrauer, kein Staatsbegräbnis
Unterdessen versammelten sich trauernde Anhänger Pinochets vor dem Militärkrankenhaus, in dem der Ex-Diktator gestorben war. Wie die chilenische Zeitung "La Tercera" in ihrer Online-Ausgabe berichtete, wurde Pinochet inzwischen in der nahe gelegenen Militärakademie aufgebahrt. Der General hatte sich 1973 an die Macht geputscht und bis 1990 an der Spitze einer Militärjunta regiert.

Die Regierung von Präsidentin Michelle Bachelet entschied, keine Staatstrauer zu verhängen und kein Staatsbegräbnis anzuordnen. Pinochet werde als ehemaliger Oberkommandierender der Streitkräfte beigesetzt, sagte ein Sprecher der Präsidentin. Die Trauerfeier ist für diesen Dienstag geplant.

Gottes Gnade - auch mit dem größten Sünder
Die Katholische Kirche mahnte zum Respekt vor dem Toten. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Alejandro Goic, appellierte an die Chilenen, Provokationen bei Freude- und Trauerbekundungen zu vermeiden. Im Angesicht des Todes sei das Wichtigste die Begegnung mit Gott, und Gott habe auch mit einem der größten Sünder Erbarmen, sagte er.

Menschenrechtsorganisationen bedauerten, dass sich Pinochet nicht vor Gericht für die Verbrechen seiner Diktatur verantworten musste. Gegen ihn liefen mehrere Verfahren wegen Mord, Folter, Entführungen und Steuerhinterziehungen, denen er sich aus Gesundheitsgründen entziehen konnte.

Unter Pinochets Diktatur wurden offiziellen Angaben zufolge mehr als 3.000 Menschen ermordet und Zehntausende inhaftiert und gefoltert. Hunderttausende wurden ins Exil getrieben. Nach der Rückkehr zur Demokratie war er bis 1998 Heereschef und bis 2002 Senator geblieben. - Lesen Sie mehr über das Leben des "skrupellosen Diktators in Uniform".