Bundes-Politiker tun sich schwer mit der Einschätzung von Schwarz-Grün in Hamburg

Einordnungsversuche

Die sich anbahnende Koalition von CDU und Grünen in Hamburg bringt die Parteistrategen ins Grübeln. Besonders in der Union kam es am Donnerstag zu einer Kontroverse über die Auswirkungen des ersten schwarz-grünen Bündnisses auf Länderebene.

 (DR)

CSU-Chef Huber sagte, das Bündnis werde nicht über Hamburg hinaus wirken. Dagegen sagte der CDU-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, Friedbert Pflüger, Bündnisse seiner Partei mit den Grünen seien eine Option für die Zukunft. Grüne und SPD betonten, die geplante Hamburger Koalition habe keine Auswirkung auf den Bund. Aus der FDP kam einerseits der Vorwurf, CDU und Grüne schlössen in Hamburg faule Kompromisse, andererseits die Aufforderung an beide Parteien, mit der FDP in Hessen eine Koalition zu bilden.

Huber sagte, eine schwarz-grüne Koalition werde über die Stadt Hamburg hinaus keine Signalwirkung haben, weder für die Landes- noch für die Bundespolitik. Gemeinsame Politik brauche eine inhaltliche Schnittmenge und eine persönliche Vertrauensbasis. Beides sei mit den Grünen nicht machbar.

Dagegen sprach sich Pflüger für Koalitionen mit den Grünen, aber auch sogenannte Jamaika-Bündnisse aus Union, Grünen und FDP aus. "Wir werden das in Berlin genau beobachten. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass Schwarz-Grün und Jamaika Optionen für die Zukunft sind - auch über Hamburg hinaus", sagte er.


Der mittelstandspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs (CDU), mahnte, die potenziellen Koalitionäre sollten sich darauf besinnen, dass Hamburg ein wichtiger Industriestandort sei, der auch auf funktionierende Infrastrukturen angewiesen sei. "Es kann nicht sein, dass jetzt aus purer Koalitionsliebe beschlossen wird, nur ein kleines oder gar kein Kohlekraftwerk zu bauen", sagte er. Als Exportweltmeister sei Deutschland auch dringend auf Verkehrsinfrastruktur in der Hansestadt angewiesen. Zu den Streitpunkten bei den Koalitionsverhandlungen in Hamburg hatten die Pläne für ein Kohlekraftwerk und eine Elbvertiefung gehört.

Die Grünen wollen sich nicht festlegen
Grünen-Chef Reinhard Bütikofer betonte, der Abstand zwischen Union und Grünen sei auf Bundesebene sehr groß. "Auf Bundesebene betreibt die Union gerade den Ausstieg aus dem Atomausstieg und verdrängt die Notwendigkeit des Klimaschutzes, welche die Kanzlerin letztes Jahr so beredt verkündet hat", sagte er. Auch in der Frage eines Mindestlohns gebe es Differenzen. Die Grünen wollten sich generell nicht auf Koalitionsoptionen festlegen lassen. Die Einigung in Hamburg bestätige den Grünen-Kurs der Selbstständigkeit. "Hamburg zeigt, dass wir anhand klar profilierter grüner Projekte ernsthaft prüfen, mit wem wir Veränderungen durchsetzen können, damit insbesondere ökologische und soziale Interessen vorankommen", sagte der Grünen-Vorsitzende.

SPD-Bundestagsfraktionschef Peter Struck sagte, er messe der Koalition in Hamburg keine Bedeutung für die Bundespolitik zu. "Die Grünen-Wähler wachen heute in einem Bett auf, in das sie sich nicht gelegt haben", sagte er. Für den Bund habe dieses "exotische Bündnis" keine Bedeutung. "Koalitionsoptionen in Berlin sind von anderer Qualität als in einem Stadtstaat", sagte Struck.

Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sagte: "Schwarz-Grün in Hamburg zeigt, wie weit der Linksrutsch der Union schon ist". Je mehr faule Kompromisse die beiden schlössen, desto mehr Bürger würden das klare Kontrastprogramm der FDP unterstützen.

FDP-Vize Rainer Brüderle forderte dagegen ein sogenanntes Jamaika-Bündnis von CDU, FDP und Grünen in Hessen. "Wenn die Grünen in Hamburg mit der Union so geräuschlos einig werden, sollten sie in Hessen nicht länger die Aufnahme von Gesprächen über eine echte Regierung verzögern", sagte er. Hessen und nicht Hamburg sei der wahre Testfall dafür, wie pragmatisch die Grünen tatsächlich seien.