Die Kritik an der staatlichen Unterdrückung in China wächst

Kein "Pekinger Frühling"

Knapp vier Wochen vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking wächst die Kritik am Vorgehen der chinesischen Regierung gegen Oppositionelle. Weltweit protestierten am Wochenende amnesty-Gruppen gegen die Verletzung von Bürgerrechten in China. Unterdessen wurde nun bekannt, dass erneut zwei Priester der romtreuen Untergrundkirche verhaftet worden sind.

 (DR)

In China sind nach Angaben der Kardinal-Kung-Stiftung erneut zwei Priester der romtreuen Untergrundkirche verhaftet worden. Wie die in Stamford im US-Bundesstaat Connecticut ansässige Stiftung am Sonntag (Ortszeit) weiter berichtete, hatten die beiden Geistlichen aus der Provinz Hebei unerlaubt an einer Wallfahrt zum nationalen Marienheiligtum Scheschan in Schanghai teilgenommen.  Anlass sei der von Papst Benedikt XVI. ausgerufene Weltgebetstag für die Katholiken in China am 24. Mai gewesen. Seitdem fehle von den Geistlichen im Alter von 42 und 45 Jahren jede Spur.

Der kirchlichen Stiftung zufolge pilgerten Ende Mai mehrere tausend Menschen nach Scheschan. Den gesamten Klerus der Diözese Schanghai hätten die Behörden unter Hausarrest gestellt, um eine Teilnahme zu verhindern. Zudem wurden nach Angaben kirchlicher Medien Personenkontrollen verstärkt; Hotels und Restaurants hätten die Anweisung erhalten, keine Pilger aufzunehmen.

Die regimenahe «Patriotische Vereinigung» von Katholiken gab demzufolge die Empfehlung aus, nicht nach Scheschan zu fahren.
Stattdessen sollten die Gläubigen «im eigenen Bistum bleiben und für den Frieden, den Papst, die Olympischen Spiele und ein gutes Abschneiden der chinesischen Athleten beten».

"Zielscheibe staatlicher Unterdrückung"
Männer und Frauen, die sich für grundlegende Bürgerrechte einsetzen, seien verstärkt zur "Zielscheibe staatlicher Unterdrückung" geworden, sagte die Generalsekretärin von amnesty-Deutschland, Barbara Lochbihler, am Sonntag bei einer Kundgebung in Berlin.

Thomas Bach, Vizepräsident des Internationalen Olympische Komitees, warnte die chinesische Regierung davor, die Sicherheitsvorkehrungen zu übertreiben. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) sagte, trotz einiger Fortschritte sei China von Rechtsstaatlichkeit noch sehr weit entfernt.

"Von einem Pekinger Frühling kann nicht gesprochen werden", betonte Göring-Eckardt am Wochenende bei einer Tagung des Politischen Clubs der Evangelischen Akademie im bayerischen Tutzing. Zudem kritisierte sie das IOC: "Die Spiele sind einem autoritären Regime geschenkt worden, und zwar ohne Konditionen." Wenn die Spiele aber in China stattfänden, müsse man Meinungsfreiheit im Internet und in der Presse erwarten. Sportverbände und Sponsor-Firmen stünden in der Verantwortung. Reformkräfte in China müssten unterstützt werden.

Bach verteidigt Vergabe der Spiele
Zuvor hatte IOC-Vize Bach bei der Tagung die Vergabe der Spiele an Peking verteidigt: "China selbst hat die Spiele begriffen als Teil seiner Öffnungspolitik." In der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "Die Welt" (Montagsausgabe) räumte Bach ein, die Achtung der Menschenrechte sei "noch nicht ausreichend". Zudem mahnte er Chinas Regierung, die Sicherheitspolitik dürfe nicht die gesamte Organisation der Spiele überlagern.

amnesty-Generalsekretärin Lochbihler sagte in Berlin, "nicht trotz, sondern gerade wegen der Olympischen Spiele" habe sich die Lage für Kritiker der Regierung verschlechtert. Sie forderte die chinesische Führung auf, die Internet- und Medienzensur zu beenden und all jene Inhaftierten freizulassen, die lediglich wegen Meinungsäußerungen im Internet verhaftet wurden. Zudem müsse die Regierung für faire Gerichtsverfahren sorgen und die Todesstrafe abschaffen. Eine entsprechende Petition mit 100.000 Unterschriften soll der chinesischen Regierung zugehen.

Weltweite Proteste
Weltweit protestierten amnesty-Gruppen am 13. Juli gegen die Verletzung von Bürgerrechten in China. Anlass war der Jahrestag der Vergabe der Spiele nach Peking im Jahr 2001.

Der Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag, Peter Danckert (SPD), forderte das IOC zu mehr Transparenz bei der Vergabe der Spiele auf. Die Entscheidungen seien bisher "ähnlich einer Papstwahl" in einer Klausur der IOC-Mitglieder gefallen. Dieses Verfahren passe nicht mehr in die Zeit. Der Sport trage auch eine gesellschaftliche Verantwortung. Deshalb hätte das IOC deutlicher auf die Verletzungen der Menschenrechte in China hinweisen müssen, sagte Danckert bei der Akademie-Tagung in Tutzing.

Der Auslandsbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Martin Schindehütte, plädierte in Tutzing für einen genauen Blick auf die Religionen in China. Angesichts anhaltender staatlicher Einflussnahme und gleichzeitig langsam wachsender Freiräume sei die Situation der Christen "außerordentlich ambivalent", sagte er.