Apostolischer Nuntius zum ersten Mal beim Libori-Fest in Paderborn

Kirche, Kirmes und Kultur

Erstmal in den Dom, dann ein Schälmesserchen kaufen, dann zum Gewürzstand, dann ein Paradiesapfel. Und dann mal gucken. Das Paderborner Liborifest ist ein Fest der großen Traditionen - und der persönlichen Rituale. Seit dem Wochenende ist es wieder soweit: Erzbistum und Stadt Paderborn feiern für neun Tage ihren Patron, den heiligen Liborius. Seine Libori-Premiere feiert in diesem Jahr der Apostolische Nuntius in Deutschland.

Autor/in:
Claudia Auffenberg
 (DR)

Der war im vierten Jahrhundert Bischof von Le Mans. Viel weiß man nicht darüber, was er zu Lebzeiten getan hat, aber es dürfte an das, was er posthum geschaffen hat, kaum heranreichen: die älteste Städtepartnerschaft der Welt und eines der größten Volksfeste. Von einer einmaligen Mischung aus Kirche, Kirmes und Kultur sprechen in diesen Tage alle - vom Erzbischof bis zum Bürgermeister. Im Jahr 836, das Bistum Paderborn war just gegründet, machte sich eine kleine Delegation ins Frankenreich auf, um die Gebeine eines Heiligen ins Bistum zu holen. Damit, so glaubten die Menschen damals, sei ihnen die Gnade Gottes ein bisschen sicherer. Die Sachsen kehrten mit den Reliquien des heiligen Liborius zurück.

Normalerweise ruhen sie in einem kleinen Holzschrein in der Domkrypta, doch zu Libori werden sie im kostbaren, goldenen Schrein in den Hochchor zur Verehrung ausgestellt. Die Erhebung der Reliquien zur Eröffnung der Festwoche ist auch in diesem Jahr wieder der erste liturgische Höhepunkt - ein Jahrhunderte altes, eindrucksvolles Schauspiel, das seinesgleichen sucht. In einer schier endlosen Reihe ziehen die Geistlichen in ihren schwarzen, weißen oder violetten Gewändern vom Chor in die Krypta, um von dort den Schrein durch den Mittelgang des Doms hinauf zu begleiten.

Während der Prozession erklingt traditionell vier Mal der Liboritusch, eine kurze Sequenz aus dem Paulus-Oratorium von Felix Mendelssohn-Bartholdy, die jedem halbwegs sensiblen Paderborner einen Schauer über den Rücken jagt. Manche sind so gerührt, dass sie beim zweiten Mal mitsingen. Niemand weiß, wie die Akkorde Eingang in diese Liturgie fanden, aber Libori ohne den Tusch, das wäre wie Köln ohne Dom.

Libori-Premiere für Erzbischof Jean-Claude Perisset
Seine Libori-Premiere hat in diesem Jahr der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Jean-Claude Perisset, der zu seinem offiziellen Antrittsbesuch gekommen war. Der Zeitpunkt hätte nicht besser gewählt werden können, findet der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker. Perisset hält auch die Predigt am Libori-Sonntag, in der er auf das von Becker gewählte Motto des diesjährigen Liborifestes eingeht. Es lautet: "...und im Tod verlass uns nicht" und ist eine Zeile aus dem Paderborner Kirchenlied "Sei gegrüßet o Libori".

Der Nunitus beklagt, dass das menschliche Leben immer weniger aus dem christlichen Glauben verstanden werde. Deshalb stehe für manche die Unantastbartkeit des Lebens nicht nur am Anfang, sondern auch am Anfang in Frage: "Die ersten versuchen, unter dem Deckmantel der freien Selbstbestimmung des Menschen sich als Helfer zum Selbstmord einen neuen Markt zu erschließen."

Während im Dom gebetet wird, herrscht draußen buntes Treiben. 160 Marktbeschicker haben rund um die Kathedrale ihre Buden aufgebaut, in denen es alles gibt, was das Herz begehrt: Töpfe, Pfannen, Putzlappen, Tierfelle, Blumenzwiebeln, Salben, Gürtel, Miederwaren und so weiter. Doch das ist noch nicht alles: Neben einem reichhaltigen Kulturprogramm gehört auch die Kirmes zu Libori. Dort steht in diesem Jahr das größte transportable Kettenkarussell der Welt. In 43 Meter Höhe können sich Mutige herumwirbeln lassen. Viele werden wohl lieber unten bleiben und sich auch auf der Kirmes von ihrem persönlichen Ritual leiten lassen: Erstmal eine Bratwurst, dann ein Pils, dann gebrannte Mandeln. Ja, und dann mal gucken.