Homosexueller Anglikaner-Bischof zu Lage der Kirche und Ökumene

"Es geht darum ehrlich zu sein"

Gene Robinson ist einer der umstrittensten Bischöfe der anglikanischen Kirche. Die Weihe des bekennenden Homosexuellen zum Bischof von New Hampshire hatte vor fünf Jahren weltweit Proteste ausgelöst. Wegen des Streits um die Weihe von Homosexuellen und Frauen zu Bischöfen innerhalb der anglikanischen Weltgemeinschaft steht die derzeit in Canterbury tagende Lambeth-Konferenz unter dem Vorzeichen einer drohenden Kirchenspaltung. Mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sprach Robinson über seine Kirche, Ökumene und darüber, warum er ohne Einladung nach Canterbury kam.

 (DR)

KNA: Bischof Robinson, Sie wurden nicht zur Lambeth-Konferenz eingeladen, sind aber trotzdem vor Ort und nehmen am inoffiziellen Programm teil. Gießen Sie damit nicht unnötig Öl ins Feuer?
Robinson: Ich bin hier, weil ich wie alle anderen ein Zeugnis meines Glaubens abgeben möchte. Ich hoffe, dass einige Bischöfe merken, dass wir aus demselben Glauben leben. Darin liegt unsere tiefe Einheit. Ich bin aber auch hier, weil ich nicht einsehe, warum sich Bischöfe aus aller Welt treffen sollten, ohne dass jemand daran erinnert, dass auch in ihren Kirchen Homosexuelle in den Kirchenbänken sitzen. Ich will zeigen, dass wir nicht weggehen.
Homosexuelle sind Teil der Kirche. Aber ich veranstalte kein Protestprogramm und werde nirgendwo hingehen, wo ich nicht willkommen bin.

KNA: Ein sudanesische Erzbischof hat Ihren Rücktritt gefordert.
Haben Sie diesen Schritt jemals um der Einheit der Kirche willen erwogen?
Robinson: Jedes Mal, wenn ein Mitbischof meinen Rücktritt öffentlich fordert, denke ich darüber nach. Aber bisher habe ich noch nicht das Gefühl, dass Gott es auch will. Außerdem bin ich nicht der erste homosexuelle Bischof der Geschichte. Keiner glaubt, dass ich derzeit der einzige schwule Bischof bin, der in Canterbury zu Gast ist. Ich bin nur ehrlich in dieser Sache. Es geht nicht um Homosexualität, sondern darum, aufrichtig zu sein oder nicht.

KNA: Was bedeutet für Sie das Bischofsamt?
Robinson: Es ist eine große Herausforderung für mich. Ich habe mein Leben lang mit der Kirche gerungen und habe nun als Bischof ein Amt, das dazu da ist, die Institution zu schützen. Ich glaube an die Kirche; auch mit all ihren Verfehlungen. Sie ist eine der vornehmsten Weisen, in der Gott in der Welt tätig ist. Ich wollte die Kirche nie aufgeben, wie schlecht sie mich auch immer behandelt.

Für die Menschen meiner Diözese fühle ich mich verantwortlich. Ich finde es schade, dass nicht nur ich als Einzelner, sondern damit meine ganze Diözese von den wertvollen Erfahrungen dieses einmaligen Bischofstreffen ausgeschlossen wurde.

KNA: Was spricht theologisch für oder gegen die Weihe eines Homosexuellen zum Bischof? Gibt es Argumente aus der Bibel?
Robinson: Die Bibel gibt uns in dieser Frage keine Antworten auf die heutige Situation. Die sieben biblischen Stellen, die sich auf homosexuelle Praktiken beziehen, verstehen darunter nicht das, wofür ich eintrete: für treue, lebenslange Partnerschaften zwischen Menschen eines Geschlechts. Jesus Christus stand aber immer auf der Seite derer, die marginalisiert wurden. Ich glaube, auch er würde heute für unsere Sache streiten.

KNA: Die römisch-katholische Kirche und die orthodoxen Kirchen lehnen die Weihe von praktizierenden Homosexuellen ab. Gefährden Sie mit Ihrer Position die Zukunft der Ökumene?
Robinson: Immer wieder lese ich in den Medien, dass die katholische Kirche und wir Anglikaner kurz vor der Einheit stünden - wenn es nur mich nicht gäbe. Das Argument ist ein Feigenblatt. Ist es nicht so, dass der Papst auch die Weihe von Erzbischof Rowan Williams nur bedingt akzeptiert? Und was ist mit der Weihe von Frauen zu Priesterinnen, die wir schon seit Jahren praktizieren? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Anglikaner und Katholiken bald zu einer Gemeinschaft finden.