Bischof Eggers Tod hinterlässt eine tiefe Lücke

Ein Mittler zwischen den Volksgruppen

Noch am Montag hatte Wilhelm Egger Papst Benedikt XVI. nach dessen 15-tägigem Sommerurlaub in Brixen verabschiedet. Am Wochenende nun ist der Südtiroler Bischof überraschend verstorben. Der Papst reagierte sehr betroffen auf die Nachricht.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

22 Jahre lang leitete er eine der schwierigsten Diözesen der Italienischen Bischofskonferenz. Als Bischof von Bozen-Brixen bemühte sich Wilhelm Egger stets um Dialog und Aussöhnung im bis heute emotionsgeladenen Geflecht zwischen der deutschen, italienischen und ladinischen Sprachgruppe Südtirols.

Ganz plötzlich ist der Kapuziner am Samstagabend im Alter von 68 Jahren gestorben - fünf Tage, nachdem er Papst Benedikt XVI. aus seinem Urlaub in Brixen verabschiedet hatte. Eggers Tod hinterlässt in Südtirol eine tiefe Lücke.

Um die Region ist es in den vergangenen Jahren ruhig geworden. Der Südtirol-Konflikt, den Österreich 1960 als internationalen Streitfall vor die UNO brachte und der teilweise mit Bomben geführt wurde, ist durch das Autonomie-Paket von 1992 offiziell beendet.

Mittler für Dialog und Aussöhnung
Aber die Annexion des Gebietes südlich des Brenners durch Italien 1919, die faschistische Italianisierungs-Politik und Umsiedlungsmaßnahmen haben bis heute Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen den Volksgruppen. Immer wieder kochen Emotionen hoch, etwa beim Referendum 2002, als der zentrale Bozener "Friedensplatz" mit dem Mussolini-Denkmal seinen alten, historisch belasteten Namen "Siegesplatz" wieder erhielt. Und erst vor wenigen Tagen kam es fast zu einem politischen Eklat, als die Stadt Brixen die Ehrenbürger-Urkunde für den Papst zunächst nur auf Deutsch ausstellte - und erst im letzten Moment auch eine italienische Fassung nachfertigte.

In diesem Geflecht hat sich Egger als überparteilicher Mittler für Dialog und Aussöhnung über die Grenzen der Sprachgruppen hinweg profiliert. Von den rund 450.000 Bewohnern in der Autonomen Provinz Bozen sind 97 Prozent katholisch - davon zwei Drittel Deutsch- und ein Drittel Italienischsprachige sowie 20.000 Ladiner. In der Bozener Diözesenverwaltung läuft daher Vieles zweigleisig: Es gibt zwei Generalvikare - und auch die meisten Abteilungen sind doppelt besetzt. Der Bischof, 1940 in Innsbruck geboren, betonte die Querverbindungen und Gemeinsamkeiten. Große Messen, wie etwa während des Papstbesuchs auf dem Domplatz von Brixen, feierte er abwechselnd in beiden offiziellen Sprachen. Von seinen engeren Mitarbeitern verlangte er, dass sie ausreichend Deutsch und Italienisch verstehen.

Der Vatikan kann völlig frei entscheiden
Behutsam versuchte Egger auch in der Polemik um die geplante Seligsprechung für den italienischen Europa-Politiker Alcide de Gaspari (1881-1954) zu vermitteln - für die Deutschsprachigen wegen dessen politischer und menschlicher Haltung im Südtirol-Konflikt ein klares Feindbild. Der Bischof intervenierte - auch in Rom. Das Verfahren liegt derzeit offenbar auf Eis.

Nach der Beisetzung Eggers wird der Vatikan die Suche nach einem Nachfolger starten. Anders als in Konkordatsländern wie Deutschland oder Österreich kann der Vatikan völlig frei entscheiden. Es wird nicht leicht sein, eine so überparteiliche Persönlichkeit wie Egger zu finden - auch wenn es durchaus profilierte Südtiroler Theologie-Professoren gibt. Allerdings wird sein Nachfolger die Lücke kaum ganz füllen können.

Zusätzlich zur Arbeit in der schwierigen Diözese hatte der Papst den renommierten Bibelwissenschaftler auch zum Sondersekretär der für Oktober anstehenden Weltbischofssynode ernannt. Egger, zwischen 1996 und 2002 Präsident der Internationalen Bibelföderation, hatte sich bereits gründlich eingearbeitet und zahlreiche Ideen entwickelt. Für diese Stelle muss Benedikt XVI. nun ebenfalls einen Nachfolger nominieren.