Wieczorek-Zeul fürchtet Auswirkung der Finanzkrise auf Hilfen für die Armen

Mehr Hilfe für Afrika

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat an die Industrieländer appelliert, ihre finanzielle Hilfe für Afrika deutlich zu erhöhen. Die reichen Länder sollten zusätzlich 72 Milliarden US-Dollar im Jahr zur Verfügung stellen, sagte Ban zum Auftakt eines UN-Afrika-Gipfels am Montag in New York. Andernfalls werde kein einziges afrikanisches Land die UN-Millenniumsziele zur Halbierung der Armut bis 2015 erreichen. Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) bezeichnete die Ziele als "Maßstab für eine gerechte Globalisierung". Bei dem eintägigen Gipfel wollten die Teilnehmer keine bindende Beschlüsse fassen.

 (DR)

Die Millenniumsziele wurden im Jahr 2000 formuliert. Dabei hat sich die Weltgemeinschaft unter anderem darauf verpflichtet, die extreme Armut und die Zahl der Hungernden zu halbieren. Zudem sollen Bildung, Gesundheitsversorgung und Umweltschutz in den armen Ländern verbessert werden.

Wieczorek-Zeul warnte davor, angesichts der weltweiten Finanzkrise die Hilfsgelder für arme Länder zu kürzen. Wenn zur Rettung von Banken mehrere hundert Milliarden US-Dollar mobilisiert werden könnten, müsse es möglich sein, einen weitaus geringeren Betrag für die Entwicklungsländer zu geben, sagte sie in New York. Sie betonte, dass die Entwicklungshilfe derzeit stagniere.

G8 in der Pflicht?
Insgesamt belaufe sich die weltweite Entwicklungshilfe auf etwas mehr als 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr, erklärte die Ministerin. Laut UN entspricht diese Summe durchschnittlich 0,28 Prozent des Bruttonationaleinkommens der Industriestaaten. Die reichen Länder hatten 2002 zugesagt, bis 2015 einen Anteil von 0,7 Prozent für Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen. Nur Dänemark, Luxemburg, Schweden, die Niederlande und Norwegen haben 2007 dieses Ziel erreicht oder übertroffen.

Gerade die acht führenden Industrienationen (G-8) müssten ihre Zusagen zur Aufstockung ihrer Entwicklungsetats einhalten, forderte Wieczorek-Zeul. «Namentlich sollte die Hilfe für Afrika bis 2010 auf 50 Milliarden US-Dollar erhöht werden.»

EU-Fonds für Bauern
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat sein Vorhaben bekräftigt, einen Fonds mit einer Milliarde Euro für die Opfer der weltweiten Nahrungsmittelkrise einzurichten. «Ich hoffe, dass es in der EU darüber bald eine Einigung gibt», sagte Barroso in New York. Deutschland und andere Regierungen hatten die Initiative mit Skepsis aufgenommen. In ihren Augen birgt das Vorhaben eine Reihe budgetrechtlicher Schwierigkeiten.

So soll der Fonds aus überschüssigen Agrar-Fördermitteln gespeist werden, die die EU normalerweise an die Mitgliedsstaaten zurückzahlen müsste. Problematisch ist außerdem, dass Agrargelder für ein Entwicklungsvorhaben umgeschichtet, also zweckentfremdet würden.
Brüsseler Fachleute gehen davon aus, dass es möglich ist, eine technische Lösung zu finden. Diese dürfte allerdings nur Chancen auf Umsetzung haben, wenn sie keinen Präzedenzcharakter entwickelt.

Mit den Hilfsgeldern sollen unter anderem Saatgut und Düngemittel gekauft werden. Auch das EU-Parlament muss zustimmen; der federführende Entwicklungsausschuss will am 7. Oktober über die Initiative entscheiden.

Keine Frage der Barmherzigkeit
Auch der Vorsitzende der Afrikanischen Union, Tansanias Präsident Jakaya Kikwete, erinnerte die reichen Länder an ihre Versprechen. Bislang hätten die Industrieländer zu wenig Geld bereitgestellt, um Afrika aus der Armutsfalle zu befreien. «Es ist keine Frage der Bramherzigkeit», sagte Kikwete. Ein stabiles Afrika sei im Interesse der reichen Staaten.

Der EU-Ratsvorsitzende, Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, sagte, dass Europa einen friedlichen und wirtschaftlich erfolgreichen Nachbarkontinent Afrika sehen wolle. «Europa wird an der Seite Afrikas stehen.» Der EU-Ratspräsident machte keine konkreten Hilfszusagen.

Am Dienstag beginnt die Generaldebatte der 63. UN-Vollversammlung. Das Thema Armut steht auch im Mittelpunkt eines UN-Gipfels zu den Millenniumszielen am Donnerstag.