Margarethe von Trotta verfilmt Leben der Hildegard von Bingen - Blick hinter die Kulissen

Visionen und Wege

Die Figur der Hildegard von Bingen liefert sehr viel Stoff für ein Drehbuch. Schon seit über 20 Jahren beschäftigt sich die Regisseurin Margarethe von Trotta mit ihr. Gerade verfilmt sie das Leben der Benediktinerin. Ein Blick hinter die Kulissen.

Autor/in:
Kirsten Westhuis
 (DR)

Schwere Holzwagenräder poltern über das Pflaster, Männer und Frauen begleiten die schwer beladenen Gespanne. Ihnen folgen Adelige in feinen Gewändern auf edlen Pferden. Angeführt wird dieser ungewöhnliche Treck von einer Nonne in grauem Habit. Der enge Schleier betont ihren entschlossenen Gesichtsausdruck: Es ist Hildegard von Bingen, die Benediktinerin, die im 12. Jahrhundert aufbricht, um ein eigenes Frauenkloster zu gründen.

Die Klappe fällt. "Danke", ruft die Assistentin. Nach drei Durchgängen können die etwa 80 Statisten und Schauspieler ihre Winterjacken über die historischen Kostüme ziehen und sich aufwärmen. Regisseurin Margarethe von Trotta, in leuchtend rotem Regenumhang mit Mütze und Handschuhen, wirkt zufrieden. Drei Wochen lang ist das Kloster Maulbronn in Baden-Württemberg die Kulisse für ihren neuen Kinofilm "Vision: Aus dem Leben der Hildegard von Bingen". Hier werden die Anfangsszenen gedreht: Hildegard empfängt ihre Visionen in der Benediktinerabtei Disibodenberg und macht sich auf den Weg, ein eigenes Frauenkloster zu gründen.

"Es ist etwas besonderes, im Kloster zu drehen"
"Es ist für uns ganz wichtig, dass wir in diesem alten Gemäuer mit den Dreharbeiten beginnen", sagt von Trotta. "Wenn wir später im Studio sind, können wir uns vorstellen, wie Klosterleben sich anfühlt." Dicke Mauern, dunkle Kreuzgänge, kleine Kammern, wenig Licht und eiskalter Wind, der um die Ecken pfeift - das wirkt auch auf die Schauspieler. "Die Fantasie geht ganz anders los, wenn man denkt, dass hier wirklich die Mönche entlanggelaufen sind und hier viel gebetet wurde. Es ist etwas besonderes, im Kloster zu drehen", sagt Barbara Sukowa, die die Hauptrolle der Hildegard spielt.

Um im Kloster zu drehen, muss das Team strenge Auflagen beachten.
Karin Stober ist Leiterin der Abteilung Schlösser und Gärten des Landes Baden- Württemberg und wacht darüber, dass den Baudenkmälern nichts passiert. "Die Oberflächen dürfen nicht berührt werden, nichts darf verändert, kein Nagel in die Wand eingebracht werden." Außerdem müsse der Sandsteinfußboden abgedeckt werden. Und Temperatur und Feuchtigkeit in den Räumen dürfen nicht zu sehr schwanken. Maulbronn ist die best-erhaltene romanische Klosteranlage nördlich der Alpen und gehört zum Unesco-Weltkulturerbe. "Die ganz besondere Atmosphäre in Maulbronn lässt sich auch im Film sehr gut transportieren", so Stober.

Hildegard wollte die Menschen ihrer Zeit wachrütteln
Die Figur der Hildegard liefert sehr viel Stoff für ein Drehbuch. Schon seit über 20 Jahren beschäftigt sich Margarethe von Trotta mit ihr. "Ich finde es spannend, wie sie es verstanden hat, sich durchzusetzen und ein eigenes Kloster zu gründen", sagt die Regisseurin. "Das war ein unglaublicher Tabubruch. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, was für eine revolutionäre Tat das war."

Revolte im 12. Jahrhundert: Hildegard wollte die Menschen ihrer Zeit wachrütteln und der Gott-Vergessenheit entgegentreten. Aber sie war nicht nur Predigerin und Theologin, sondern auch Komponistin, Medizinerin und Seherin. Auch für Schauspielerin Sukowa ist die Benediktinerin mit den vielen Talenten eine interessante Figur, die schauspielerisch sehr anspruchsvoll ist. "Ich hab mich natürlich erkundigt, habe die Benediktinerregel gelesen. Aber es ist schwierig, sich in die Gedankenwelt eines Menschen aus dem 12.
Jahrhundert zu versetzen."

Im Herbst 2009 kommt der Film in die Kinos
Die Dreharbeiten im Kloster Maulbronn sind nach dem Auszug der Nonnen abgeschlossen. Nun beginnt der Großteil der Aufnahmen im Studio. Im Herbst 2009 soll der Film in den deutschen Kinos anlaufen. Neben Barbara Sukowa als Hildegard spielen unter anderem Heino Ferch (Mönch Volmar), Alexander Held (Abt Kuno), Hannah Herzsprung (als Novizin Richardis) und Lena Stolze (Richardis Mutter).

Das Leben einer Benediktinerin im Mittelalter ist sicher ein ungewöhnlicher Kino-Stoff. Aber die Produktion ist nicht nur ein Klosterfilm, betont Produzent Markus Zimmer: "Man kann hier eine sehr starke spirituelle und religiöse Komponente sehen, aber man kann auch eine sehr stark menschliche Komponente sehen: einfach eine Frau, oder einen Menschen, der wirklich seinen Weg geht."