Wachsende Kritik an Traditionalisten-Bischof

"Wir distanzieren uns"

Die Aufhebung der Exkommunikation des Traditionalisten-Bischofs Richard Williamson stößt in der jüdischen Welt auf Kritik. Gegen Williamson wird wegen der Leugnung des Holocaust ermittelt. Vatikan und Deutsche Bischofskonferenz distanzieren sich von Williamson.

 (DR)

Die Wiederaufnahme von Traditionalisten in die katholische Kirche stößt in Deutschland auf ein geteiltes Echo. Massive Kritik entzündete sich an der antisemitischen Haltung des britischen Bischofs Richard Williamson. Er ist einer der vier am Wochenende vom Vatikan rehabilitierten Bischöfe, die seit 1988 exkommuniziert waren. Gegen Williamson läuft ein Verfahren wegen Leugnung des Holocaust. Er hatte in einem Fernseh-Interview bestritten, dass die Nazis sechs Millionen Juden ermordet hätten.

Die Deutsche Bischofskonferenz bezeichnete die Äußerungen Williamsons als "inakzeptabel". Sie gehörten nicht zur Lehre der katholischen Kirche, sagte Bischofskonferenz-Sprecher Matthias Kopp am Montag im ZDF-Morgenmagazin. Die Empörung der jüdischen Gemeinden über die Holocaust-Leugnung des britischen Bischofs nannte Kopp "sehr gut nachvollziehbar". Der Vatikan werde "aufmerksamst" beobachten, wie sich Williamson künftig äußere.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zeigte sich entsetzt über die "skandalöse Leugnung der Verbrechen am jüdischen Volk" durch Williamson. "Wir haben immer gewusst: Zwischen der fortdauernden Ablehnung der Ergebnisse des II. Vatikanischen Konzils durch die Traditionalisten und ihrer tief reaktionären und freiheitsfeindlichen Haltung besteht ein enger Zusammenhang", sagte ZdK-Präsident Hans Joachim Meyer in Bonn. Personen wie Williamson seien "eine schwere Belastung für die Kirche".

"Antisemitische Misstöne"
Auch Bundestagsvizepräsident und ZdK-Mitglied Wolfgang Thierse verurteilte die "antisemitischen Misstöne". So verständlich das Bedürfnis des Papstes sei, in einem quälenden innerkirchlichen Streit eine Befriedung zu wollen, so unverständlich sei es, dass einige Traditionalisten der Priesterbruderschaft Pius X. ihre judenfeindliche Haltung nach wie vor nicht überwunden hätten, sagte Thierse auf Anfrage in Berlin. Der SPD-Politiker forderte ein klares Wort des Papstes.

Ähnlich äußerte sich die katholische Friedensbewegung Pax Christi. Williamson stehe in einer Reihe mit Holocaust-Leugnern, die über pseudowissenschaftliche Methoden die NS-Gräueltaten zu verharmlosen suchten, erklärte Pax-Christi-Vizepräsident Johannes Schnettler in Berlin.

Großes Interesse in Israel
In Israel widmeten die Zeitungen am Sonntag dem Thema breiten Raum. Sie werfen Papst Benedikt XVI. mangelndes Fingerspitzengefühl vor. Gegen Williamson läuft in Deutschland ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung, wie am Freitag bekannt wurde. Er hatte in einem Interview mit dem schwedischen Fernsehsender SVT bestritten, dass die Nazis sechs Millionen Juden ermordet hätten. Das Gespräch soll in Bayern aufgezeichnet worden sein. Williamson ist einer von vier Bischöfen der Priesterbruderschaft Pius X., deren Exkommunikation der Papst am Wochenende aufhob. Seine Entscheidung hatte er schon am Mittwoch unterschrieben.

Einen dezidierten Leugner der Schoah in der Kirche willkommen zu heißen, sei "ein schwerer Schlag für die historischen Bemühungen Johannes Paul II., den Antisemitismus zu bekämpfen", sagte der Direktor für interreligiöse Angelegenheiten des Amerikanisch-Jüdischen Komitees, Rabbi David Rosen, der "Jerusalem Post". Zwar sei die Versöhnung mit der Piusbruderschaft eine interne Angelegenheit der katholischen Kirche. Aber die Einbeziehung Williamsons sei "beschämend" und bedeute einen "ernsthaften Rückschlag für die Beziehungen zwischen Judentum und Vatikan".

Schimon Samuels vom Pariser Simon Wiesenthal-Zentrum äußerte laut israelischen Medienberichten Verständnis für den Wunsch des Papstes, die Einheit der Kirche voranzubringen. Aber als jemand, der das Nazi-Regime noch selbst erlebt habe, hätte Benedikt XVI. vorsichtiger sein sollen. Für Williamsons Rückkehr in die Kirche werde der Vatikan einen "politischen Preis" zahlen müssen.

"Schock und Befremdung"
Der Vizepräsident der Vereinigung der amerikanischen Holocaust-Überlebenden, Elan Steinberg, erklärte, die vatikanischen Pläne für die Aufhebung der Exkommunikation eines Schoah-Leugners seien unter den Betroffenen mit "Schock und Befremdung" aufgenommen worden. Er sehe in der Entscheidung eine ernsthafte Gefährdung für den interreligiösen Dialog.

Der Generalsekretär der hebräischsprachigen katholischen Gemeinde Jerusalems, David Neuhaus, äußerte in der "Jerusalem Post" die Hoffnung, dass Willamson unter dem Einfluss der "unveränderten offiziellen Haltung der katholischen Lehre zum Holocaust" seine Meinung revidieren werde. Benedikt XVI. stehe klar für die Fortsetzung der Haltung Johannes Paul II., die Leugnung des Naziterrors zu verurteilen und gegen jeden Antisemitismus einzutreten.

Auch Vatikan-Sprecher Federico Lombardi nannte die Äußerungen Williamsons "in keiner Weise akzeptabel". Die jetzt erfolgte Rücknahme der Exkommunikation Williamsons habe damit aber nichts zu tun.