Neuer russisch-orthodoxer Patriarch inthronisiert

Aufruf zur Einheit

Der neue russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. hat mit einem feierlichen Gottesdienst sein Amt angetreten. An der mehr als vierstündigen Inthronisationsfeier in der Erlöser- Kathedrale in Moskau nahmen am Sonntag in Moskau auch Russlands Staatschef Dimitri Medwedew und Ministerpräsident Wladimir Putin sowie zahlreiche internationale Kirchenvertreter teil.

 (DR)

Kyrill (62), bisher Metropolit von Smolensk und Kaliningrad sowie Außenminister des Moskauer Patriarchats, war am Dienstag zum Nachfolger des im Dezember gestorbenen Alexij II. an die Spitze der russisch-orthodoxen Kirchen gewählt worden. Zwei Drittel der 143 Millionen Russen bekennen sich zum orthodoxen Glauben.

In seiner Dankesrede rief das neue Kirchenoberhaupt die orthodoxen Schwesterkirchen zur Einheit auf. Die Ökumene mit den Katholiken und den Kirchen der Reformation erwähnte er nicht. Kyrill betonte lediglich, die «kanonischen Grenzen» der russisch-orthodoxen Kirche müssten geschützt werden. Der Vatikan hatte vor einigen Jahren auf dem Gebiet der Ex-Sowjetunion vier katholische Bistümer gegründet.
Das Moskauer Patriarchat wirft dem Vatikan vor, Gläubige abwerben zu wollen.

Medwedjew sprach von einem «großen Ereignis im Leben der orthodoxen Völker». Er erwarte eine neue Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirche in Russland. Trotz der weltweiten Probleme entwickele sich das Land weiter. Die russisch-orthodoxe Kirche hatte nach dem Ende der Sowjetunion einen starken Aufschwung genommen. Die Zahl der Gemeinden und Klöster stieg deutlich an. Das Moskauer Patriarchat vertritt mit rund 150 Millionen Gläubigen die Mehrzahl der insgesamt rund 250 Millionen orthodoxen Christen.

Kyrill I. gilt als vorsichtiger Modernisierer, der im Gegensatz zu vielen russisch-orthodoxen Geistlichen auch dem Westen und der Ökumene zugewandt ist. Jüngst äußerte er sich allerdings skeptisch über den Dialog der Konfessionen. Vertreter des Vatikan bei der feierlichen Einführung in der Moskauer Christi-Erlöser-Kathedrale war der Präsident des päpstlichen Einheitsrates, Kurienkardinal Walter Kasper. Die Deutsche Bischofskonferenz vertrat der Leiter von deren Ökumenekommission, Regensburgs Bischof Gerhard Ludwig Müller.

Der neue Patriarch wurde als Wladimir Michailowitsch Gundjajew am 20. November 1946 im heutigen Sankt Petersburg geboren. Er war Schüler des ökumenisch orientierten Metropoliten Nikodim und arbeitete als russisch-orthodoxer Vertreter beim Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) in Genf. 1976 wurde er zum Bischof geweiht, 1989 übernahm Kyrill die Leitung des Außenamtes im Moskauer Patriarchat. Bei der Patriarchenwahl am Dienstag durch ein 711-köpfiges Landeskonzil erhielt der Geistliche mehr als zwei Drittel der Stimmen.