Katholischer Medienbischof kritisiert "Erwachsen auf Probe"

"Ich fordere RTL auf, die Serie nicht zu senden"

Kurz vor der geplanten Ausstrahlung von "Erwachsen auf Probe" ebbt die Kritik an der RTL-Show nicht ab. Der Medienbischof der Deutschen Bischofskonferenz, der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst, nannte die TV-Serie, bei der Babys an Teenager mit Kinderwunsch ausgeliehen werden, zynisch und geschmacklos. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) forderte er am Donnerstag in Stuttgart, die Serie nicht zu senden.

 (DR)

KNA: Herr Bischof, wie bewerten Sie die neue RTL-Doku-Soap?
Fürst: Ich habe massive Bedenken gegen die Serie. Denn ich nehme die Erkenntnisse erfahrener Pädagogen und Kinderpsychologen sehr ernst, die auf die seelischen Schäden für Kleinstkinder hinweisen. Kinder sind kein Spielzeug. Sie verdienen größte Fürsorglichkeit und Rücksicht. Gerade in einem Alter, wo Kinder im Umgang mit vertrauten Menschen allerwichtigste Erfahrungen für ihr späteres Leben machen und wo auch gehirnphysiologisch Entscheidendes geschieht, darf man sie nicht in die Obhut völlig unerfahrener und unvorbereiteter junger Menschen geben. Hier wird das Kindeswohl zugunsten des Voyeurismus der Zuschauer hintangestellt. Dem kann die Kirche nicht zustimmen.

KNA: Könnte die Serie den beteiligten Teenagern helfen, sich ein Bild zu machen, was es heißt, Kinder zu haben?
Fürst: Ich halte die Produktion auch für eine Missachtung der Schutzbedürftigkeit von Teenagern in ihrem Reifeprozess auf das Erwachsenwerden hin. Erwachsen wird man nicht "auf Probe", sondern Erwachsenwerden ist für Jugendliche oft ein mühsames Ringen um die eigene Identität. Wenn junge Menschen darin Begleitung und Unterstützung benötigen, dann ist eine Doku-Soap vor Millionen Zuschauern sicher der allerletzte Weg, der mir dazu einfällt.

KNA: RTL verteidigt das Sendekonzept mit dem Hinweis, Aufklärungsarbeiten gegen Teenagerschwangerschaften zu betreiben. Könnte die Sendung nicht auch positive pädagogische Effekte haben?
Fürst: Mir erscheint die angebliche pädagogische Zielsetzung problematisch, Teenager dadurch von verfrühten Schwangerschaften abhalten zu wollen, indem sie die Schwierigkeiten hautnah erfahren, die der Umgang mit Babys bereiten kann. Der richtige Weg zu diesem Ziel ist die möglichst frühzeitige Erziehung zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Sexualität. Kinder präventiv als abschreckendes Beispiel zu missbrauchen, ist geschmacklos und geradezu zynisch.

KNA: Wie bewerten Sie die Entwicklung neuer Privatfernsehformate über den konkreten Fall hinaus?
Fürst: Ich sehe bei vielen Produktionen im Privatfernsehen eine zunehmende Tendenz, Menschen zu instrumentalisieren, sie vorzuführen und sie auch der allgemeinen Lächerlichkeit auszusetzen. Das ist ein bedenklicher Angriff auf die unantastbare Würde des Menschen. Dass wir dies im 60. Jahr des Grundgesetzes feststellen, muss zu einer ehrlichen und kritischen Selbstbestimmung unserer Gesellschaft bezüglich ihres Umgangs mit fundamentalen Menschenrechten führen.

KNA: Trotz der Kritik will RTL wie geplant die Sendung ab dem 3. Juni ausstrahlen...
Fürst: Ich fordere RTL auf, die Serie nicht zu senden.