Chinesische Führung droht Uiguren-Aufrührern mit harten Strafen - Amnesty fordert Beobachter

Bürgerkrieg im Westen Chinas?

Exil-Uiguren haben am Mittwoch in München vor einer Eskalation der Gewalt in ihrer chinesischen Heimatprovinz Xinjiang gewarnt. Der Vizepräsident des Weltkongresses der Uiguren, Asgar Can, sagte, die Stimmung sei "sehr emotional". Ein Bürgerkrieg mit der Bevölkerungsmehrheit der Han-Chinesen sei nicht mehr auszuschließen. "Ich bin froh, dass die Weltöffentlichkeit jetzt von uns Kenntnis nimmt", sagte er.

Autor/in:
Barbara Schneider und Elvira Treffinger
Rebiya Kadeer: Chinas "Staatsfeindin Nummer eins" (epd)
Rebiya Kadeer: Chinas "Staatsfeindin Nummer eins" / ( epd )

Am Mittwoch verstärkten die chinesischen Sicherheitskräfte ihr Aufgebot in der Provinzhauptstadt Ürümqi massiv. Dennoch kam es erneut mehrfach zu Ausschreitungen zwischen Angehörigen der uigurischen Minderheit und ethnischen Chinesen. Am Abend erklärten die Behörden, die Lage sei unter Kontrolle. Der chinesische Staats- und Parteichef Hu Jintao sagte wegen der Unruhen seine Teilnahme am G-8-Gipfel ab und kehrte von Italien nach China zurück.

Die chinesische Führung drohte Aufrührern harte Strafen an. Der Minister für öffentliche Sicherheit, Meng Jianzhu, rief bei einem Besuch in Ürümqi dazu auf, keine Nachsicht mit Randalierern zu üben, wie die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete.

Der Chef der kommunistischen Partei der Provinz, Li Zhi, kündigte laut dem britischen Sender BBC die Todesstrafe für Gewalttäter an, die des Totschlags oder Mordes für schuldig befunden werden.

Die chinesischen Behörden haben nach Angaben von Xinhua Beweise dafür, dass die Präsidentin des Weltkongresses der Uiguren, die im Exil in den USA lebende Rebiya Kadeer, die Ausschreitungen der muslimischen Minderheit angestiftet habe. Kadeer wies die Anschuldigungen zurück. In einem Beitrag für die Asien-Ausgabe des «Wall Street Journal» machte sie die Unterdrückung durch die Chinesen für die Unruhen verantwortlich.

Kadeer bekannte sich klar zur Gewaltfreiheit. Peking warf sie vor, rassistisches und nationalistisches Denken zu ermutigen. Die uigurische Unternehmerin und ehemalige Abgeordnete war in China fünf Jahre inhaftiert, bevor sie 2005 in die USA ausreisen durfte. Die Zahl der zumeist muslimischen Uiguren in China wird auf etwa neun Millionen Menschen geschätzt.

Der Vizepräsident des Weltkongresses, Can, berichtete von Gräueltaten. Vier uigurische Medizinstudentinnen seien in Ürümqi enthauptet und ihre Köpfe zur Abschreckung vor der Universität aufgehängt worden. Uiguren trauten sich nicht mehr aus dem Haus aus Angst vor den mit Eisenstangen bewaffneten Han-Chinesen.

Über die Zahl der Opfer der Ausschreitungen gibt es keine genauen Angaben. Die chinesische Führung spricht von 156 Toten. Nach Angaben des Weltkongresses könnten aber bis zu 800 Menschen seit Sonntag getötet worden sein. Am Sonntag waren Uiguren auf die Straße gegangen, weil die Aufklärung des Todes von uigurischen Arbeitern forderten. Can sagte weiter, die Moschee in Ürümqi sei in Flammen aufgegangen.

Can verglich die Lage der Uiguren mit den Tibetern. Die Politik der Repression und Unterdrückung seitens Peking habe sich in sechs Jahrzehnten chinesischer Herrschaft laufend verschlimmert. Can trat der Behauptung entgegen, die Uiguren wollten einen eigenen islamischen Staat gründen: «Wir sind Muslime, aber für einen demokratischen Staat.»

Can zufolge gingen im Büro des Weltkongresses in München mehrere Morddrohungen ein. Anonyme Anrufer hätten gedroht, den Repräsentanten des Weltkongresses werde es so ergehen wie den Uiguren in China. Das Gebäude ist inzwischen polizeilich bewacht.

Die neue Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, Monika Lüke, verlangte, unabhängige Beobachter in Xinjiang zuzulassen. Die Pekinger Führung müsse die Blockade von uigurischen Internetforen aufgeben und die Pressefreiheit gewährleisten, sagte Lüke im Deutschlandradio Kultur.

Die Minderheit werde in China seit Jahrzehnten unterdrückt. «Die Uiguren können nicht in die Moscheen gehen, die Religionsausübung wird kontrolliert. Uigurische Kinder haben nicht die Gelegenheit, ihre Muttersprache in der Schule zu lernen», sagte die Amnesty-Generalsekretärin.