Das H1N1-Virus zwingt vielerorts zum Handeln

Kirche in Zeiten der Schweinegrippe

Urlaub dient gemeinhin der Erholung. Doch in diesem Jahr scheint reisen besondere Risiken zu bergen. Seit Beginn der Ferien stieg die Zahl der registrierten Schweinegrippe-Fälle in Deutschland deutlich an - ein eher unerwünschtes Mitbringsel aus fernen oder auch nahen Ländern. Vor Grenzen macht das Virus eben nicht halt und auch vor Kirchentüren nicht. Weltweit reagieren einzelne Gemeinden, Bistümer oder ganze Nationalkirchen auf die Bedrohung durch die Grippe.

Autor/in:
Caroline Schulke
 (DR)

In Mexiko, dem Mutterland der Misere, blieben direkt nach Ausbrechen der Grippe die Beichtstühle in einzelnen Kirchen geschlossen, die Fenster und Türen dafür weit geöffnet - der guten Belüftung wegen. Auch ordnete die Erzdiözese Mexiko an, Messen so kurz wie möglich zu halten und nicht länger als fünf Minuten zu predigen. Der Friedensgruß sollte ohne Berührung ausgetauscht, bei der Kommunion auf die begleitenden Worte «Der Leib Christi» verzichtet werden, um eine Tröpfcheninfektion durch Speichel zu vermeiden.

Ziemlich umfangreiche Maßnahmen. So manchen Kirchgänger hat das Risiko einer Menschenansammlung und die damit drohende Ansteckung trotzdem abgeschreckt. Viele Gottesdienste blieben leer, in den ansonsten mehr als gut besuchten Wallfahrtsorten und Pilgerfahrten des Landes blieben die Besuchermassen aus.

Ähnliches weiß nun, Monate nach dem ersten Erkrankungsfall in Mexiko, auch Costa Rica zu vermelden. Dort fällt das wichtigste und traditionsreichste katholische Pilgerfest zu Ehren der Schutzheiligen «La Negrita» aus - zum ersten Mal seit 227 Jahren. Wegen der geringen Entfernung zur Hauptstadt San Jose und des zu erwartenden Menschenandrangs sei eine weitere Ausbreitung des H1N1-Virus zu befürchten, begründeten Kirche und Gesundheitsbehörde unter der Woche die Entscheidung.

Doch nicht nur Amerika ist betroffen. Auch auf der anderen Seite des Erdballs, in Australien, zwingt das Virus die Kirche zum Handeln. Melbournes Erzbischof Denis Hart setzte etwa in seinem Bistum Umarmungen als Friedensgruß sowie Messwein zur Kommunion aus, um einer Ausbreitung vorzubeugen.

In Europa läuten vor allem Kirchen in Großbritannien die Alarmglocken. In einem Brief an alle Bischöfe empfiehlt etwa die Spitze der anglikanischen Kirche von England, vorerst die Kelch- und Mundkommunion auszusetzen. Es sei nun angemessen, Leitlinien auf nationaler Ebene anzubieten, wie die Kirche angesichts der Schweinegrippe am besten die öffentliche Gesundheit beachten könne, heißt es in dem Schreiben der Erzbischöfe Rowan Williams und John Sentamu.

Auf lokaler Ebene wurde auf der Insel schon längst gehandelt.
Einzelne Gemeinden und Bistümer, auch der katholischen Kirchen, ergriffen ähnliche Maßnahmen. So ordnete etwa das Oberhaupt der britischen Katholiken, Erzbischof Vincent Nichols von Westminster, für die Pfarreien seines Bistums an: Aussetzen der Kelchkommunion sowie Verzicht auf den Händedruck beim Friedensgruß. Eine «Geste des Friedens», so die Botschaft, reiche auch.

Andere gehen noch weiter: So machte ein anglikanischer Bischof Schlagzeilen mit der Anordnung, während der Epidemie die Weihwasserbecken in den Kirchen zu leeren. Diesen Schritt ging jüngst auch die Kirche in Portugal. Im Vatikan hingegen scheut weiter nur der Teufel das Weihwasser. Zumindest verlautete aus Rom bislang kein Notfallplan zur Schweinegrippe.

Ähnlich in Deutschland, wo es bislang keine Einwände gegen Wein, Weihwassser und «Handgreiflichkeiten» beim Friedensgruß gibt. Vorbeugemaßnahmen seien bislang angesichts der geringen Zahl der Vorfälle nicht ergriffen worden und auch nicht geplant, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn. Urlaub ist vielleicht doch am erholsamsten zu Hause - zumindest in Zeiten der Schweinegrippe.