Hilfswerke: Interessen der Haitianer in den Mittelpunkt stellen

Opfer miteinbeziehen

Drei Wochen nach dem Erdbeben in Haiti äußern Hilfsorganisationen weiter Kritik an den Maßnahmen vor Ort. Das katholische Hilfswerk Misereor beklagte, viele Entscheidungen würden über den Kopf der betroffenen Bevölkerung hinweg getroffen.

 (DR)

Die haitianische Regierung sei aufgefordert, den Kontakt mit der Bevölkerung wieder aufzunehmen und ihre Absprachen nicht allein mit der internationalen Gemeinschaft zu führen, hieß es am Montag in Aachen.

Die Menschen kämen mit ausländischen Nahrungsmittellieferungen in Kontakt, die ihnen unbekannt seien. «Wer erklärt ihnen in ihrer Sprache, wie sie mit den Nothilfekits richtig umgehen?», so Misereor. Zudem gebe es Überlegungen, die Menschen aus der Hauptstadt Port-au-Prince in die umliegenden Gebiete umzusiedeln, um einen Wiederaufbau der Stadt zu organisieren. Auch hierüber sei die Bevölkerung nicht informiert. Bei den Menschen hinterließe dies den Eindruck, dass sie nicht Akteure beim Wiederaufbau, sondern passive Hilfeempfänger seien, kritisierte das Hilfswerk.

Unterdessen warnte die Organisation SOS-Kinderdorf Deutschland davor, haitianische Kinder verfrüht zur Auslandsadoption freizugeben. Zuvor müsse jede Anstrengung unternommen werden, das Kind mit der eigenen Familie zusammenzubringen, erklärte der Vorstandsvorsitzende Johannes Münder. Die Organisation geht davon aus, dass auch die meisten Kinder, die vergangenen Freitag von einer Gruppe US-Bürger außer Landes gebracht werden sollten, noch Angehörige haben. Die Kinder seien bis zur Klärung ihrer familiären Situation im SOS-Kinderdorf Santo bei Port-au-Prince untergebracht. Ältere Kinder hätten angegeben, dass ihre Eltern noch am Leben seien, hieß es.

Die Welthungerhilfe will Haiti mit einem Fünfjahresprogramm unterstützen. Die bislang eingenommenen 14,19 Millionen Euro Spenden sollen eigenen Angaben zufolge nicht nur in die Nothilfe, sondern auch in langfristige Maßnahmen investiert werden. «Die jüngste Katastrophe kann zu einer echten Chance für das Land werden», sagte Welthungerhilfe-Generalsekretär Wolfgang Jamann. Eine wichtige Voraussetzung dafür sei, die Interessen der haitianischen Bevölkerung in den Mittelpunkt zu stellen. Man müsse sie nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe in die Lage versetzen, das Land wieder aufzubauen und sich aus der Armut zu befreien, forderte Jamann.