Nach dem Streit mit der Kirche wächst die Kritik an der Bundesjustizministerin

Wenn jeder noch mal schwadronieren muss

Offiziell ist der Streit zwischen Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Bischofskonferenz beendet - auch wenn die Bundesjustizministerin bei ihrer Kritik bleibt. Der Unmut über sie in der Koalition wächst ebenfalls. Eine Kabinettskollegin wirft ihr "Schwadronieren" vor.

 (DR)

Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) verwies am Donnerstagabend in Berlin darauf, dass die Kirche in den vergangenen Wochen Gewalt und Missbrauch selbst öffentlich gemacht habe und überzeugend angegangen sei. Dann müssten nicht "Minister per Interview noch mal die Institution dazu aufrufen", meinte Schavan. Diskretion sei da als Tugend manchmal besser, als "wenn jeder da noch mal eine Minute und 30 Sekunden im Fernsehen drüber schwadronieren muss".

Kritik kam auch vom Vorsitzenden der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU). "Die Justizministerin hatte kein Recht, grundlos der katholischen Kirche mangelndes Interesse an Aufklärung zu unterstellen", sagte er dem "Hamburger Abendblatt" (Freitag). Er sei froh, dass die katholische Kirche und die Bundesregierung miteinander reden wollten.

Gemeinsames Gespräch
Leutheusser-Schnarrenberger hatte mit einem Interview in den ARD-Tagesthemen am Montag Empörung auf kirchlicher Seite ausgelöst. Die Liberale hatte den Eindruck erweckt, dass die Kirche Missbrauchsfälle in den eigenen Reihen vertusche und eine rasche strafrechtliche Aufarbeitung verhindere. Niemals zuvor habe ein Mitglied der Bundesregierung eine "ähnlich schwerwiegende Attacke" gegen die katholische Kirche geführt, erklärte dazu der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch.

Mittlerweile verdeutlichten Erzbischof und Ministerin einander brieflich ihre Positionen und vereinbarten ein gemeinsames Gespräch. Der Konflikt sei für ihn vorerst beendet, sagte Zollitsch am Donnerstag zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe. Er sehe dem von Leutheusser-Schnarrenberger anvisierten Gespräch hoffnungsvoll entgegen.

Leutheusser-Schnarrenberger bleibt bei ihrer Kritik
Im Grundsatz hält die Ministerin in dem Brief, aus dem das ARD-Hauptstadtstudio zitiert, an ihrer Kritik fest. Sie begrüße es, dass der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz es ebenfalls als notwendig ansehe, "die staatlichen Behörden schnellstmöglichst einzuschalten und für eine lückenlose strafrechtliche, aber auch zivilrechtliche Aufklärung zu sorgen", so die Liberale. Der Brief ging am Donnerstagmittag per Fax an die Bischofskonferenz.

Leutheusser-Schnarrenberger stellt in dem Brief laut ARD klar, dass sie bei ihren Äußerungen zu den Missbrauchsfällen von den Richtlinien der Bischofkonferenz ausgegangen sei. Diese halte sie für nicht ausreichend.