Deutsche Bischöfe und Rabbiner erörtern ethische Fragen

Augsburger Grundsatzdiskussionen

Hochrangige Vertreter des Judentums und der christlichen Kirchen in Deutschland haben am Montag gemeinsam ethische Fragen erörtert. Im Rahmen der "Woche der Brüderlichkeit" trafen sich in Augsburg Rabbiner mit der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche.

 (DR)

Im Mittelpunkt der Diskussion standen die Herausforderungen der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise. Bei einem nichtöffentlichen Arbeitstreffen hatten sich zuvor 32 christliche und jüdische Theologen über die ethische Bewertung von Stammzellenforschung und Organspende ausgetauscht.

Die Dialogpartner mahnten zur Besinnung auf die ethischen Maßstäbe politischen und wirtschaftlichen Handelns, die untrennbar mit dem jüdischen und christlichen Glauben verbunden seien. In der Wirtschaftskrise sei der Verlust dieser Maßstäbe schmerzlich erfahren worden.

Mussinghoff: Gemeinsames Erbe einbringen
Der Vorsitzende der Unterkommission der Deutschen Bischofskonferenz für die Beziehungen zum Judentum, Bischof Heinrich Mussinghoff, sagte, Christen und Juden hätten das gemeinsame Erbe der Propheten in den öffentlichen Diskurs einzubringen. Eine Einsicht daraus sei, dass eine dauerhafte Lösung der Wirtschaftskrise ohne eine Antwort auf die Frage der Gerechtigkeit nicht gelingen werde.

Der EKD-Ratsvorsitzende, Präses Nikolaus Schneider, sagte, die Gier des Menschen sei keine Erfindung der Neuzeit. Durch eine deregulierte Marktwirtschaft werde sie aber zusätzlich enthemmt. Sie zu begrenzen sei nicht nur eine pädagogische Aufgabe, sondern «eine Frage des Überlebens auf unserem Planeten». Die Ausrichtung auf Gott und den Nächsten sei ein heilsames und befreiendes Gegenprogramm zu einem Egozentrismus, der nur auf das Immer-mehr-haben-wollen ausgerichtet sei.

Rabbi Engelmayer: Schuldenerlass nach sieben Jahren
Der Kölner Rabbiner Jaron Engelmayer erinnerte an die alten jüdischen Rechtstraditionen des Schuldenerlasses nach sieben Jahren und der Rückgabe allen Grundbesitzes nach 50 Jahren. In ihnen komme zum Ausdruck, dass jeder eine Chance erhalten solle, sich eine neue Existenz aufzubauen. Außerdem werde so verhindert, dass Armut an die nächste Generation weitervererbt werde.

Die Begegnung in Augsburg fand in Kooperation mit dem Deutschen Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit statt. Ziel der seit 2006 regelmäßig stattfindenden Treffen ist eine Intensivierung der Beziehungen zwischen den beiden großen Kirchen und den Rabbinerkonferenzen in Deutschland.