Zum Tod des Solidarnosc-Priesters Henryk Jankowski

Umstrittene Legende

Am Montagabend starb der zuckerkranke Henryk Jankowski im Alter von 73 Jahren im Pfarrhaus der Brigittenkirche der polnischen Hafenstadt, deren Probst er von 1970 bis 2004 war. Kaum ein polnischer Priester wurde landesweit so bekannt wie er. Aber auch fast keiner war so umstritten.

Autor/in:
Oliver Hinz
 (DR)

"Es waren dramatische Momente", erinnerte sich der polnische Solidarnosc-Pfarrer Henryk Jankowski einmal an den August 1980. "Aber ich fühlte die Notwendigkeit, den Streik fortzusetzen und sich nicht zu fürchten." Damals entschloss er sich, den gegen die kommunistischen Machthaber gerichteten Ausstand der Danziger Werftarbeiter mit einem Gottesdienst zu unterstützen. Jankowskis Mut machende Messe auf dem Werftgelände trug mit zum Erfolg des Streiks bei und machte den Geistlichen zu einem zentralen Wegbereiter der polnischen Freiheitsbewegung und ersten freien Gewerkschaft des damaligen Ostblocks, Solidarnosc.

Als Kaplan der Gewerkschaftsbewegung "Solidarnosc" stritt er in den 1980er Jahren mit Solidarnosc-Gründer Lech Walesa für die politische Wende und machte damals seine in der Nähe der Werft gelegene Kirche zu einem Zentrum der Opposition. In der Danziger Pfarrei traf Walesa später unter anderem mit US-Präsident Ronald Reagan und der britischen Premierministerin Margaret Thatcher zusammen. Als Walesa von den Machthabern monatelang unter Hausarrest gestellt wurde, wurde Jankowski vorübergehend sein Sprachrohr. Denn sein Beichtvater war einer der wenigen Menschen, die ihn regelmäßig besuchen durften.

Nach 1989 Negativschlagzeilen
Doch nach 1989 sorgte Jankowski für zahlreiche Negativschlagzeilen. Sein Lebensstil galt als zu luxuriös. Zudem ließ er sich vorübergehend von Leibwächtern schützen und eckte damit vor drei Jahren auch beim damaligen Danziger Erzbischof Tadeusz Goclowski an: "Es ist schade, dass er mit solchen Dingen seine Legende zerstört."

Am meisten schadeten dem Ansehen des Priesters jedoch wiederholte judenfeindliche Aussagen in Predigten. Sie führten Mitte der 1990er Jahre zu offiziellem israelischen Protest und einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, das gegen eine Geldzahlung an eine gemeinnützigen Organisation eingestellt wurde. Als Jankowski 1997 bei einem Gottesdienst unter anderem sagte, Polen solle bei seinem Kampf um Freiheit "eine jüdische Minderheit in der Regierung nicht akzeptieren", belegte der Danziger Bischof ihn mit einem einjährigen Predigtverbot.

2004 folgte die endgültige Amtsenthebung des Priesters - wegen Demoralisierung von Jugendlichen. Diese hatte er mit viel Geld versorgt und ihnen erlaubt, im Pfarrhaus Feste mit reichlich Alkohol zu feiern. Vorwürfe, Jankowski habe Jugendliche sexuell belästigt, erhärteten sich hingegen nicht. Zuletzt stand der Pfarrer wegen der Vermarktung seines Namens in der Kritik. Er verkaufte unter anderem ein nach ihm benanntes Mineralwasser. Pläne für ein eigenes Parfüm, ein Mobilfunknetz sowie eine Cafe-Kette zog der Priester hingegen zurück.

Walesa würdigte Jankowski am Dienstag als "unentbehrlichen Mann" im Kampf gegen den Kommunismus. Der Priester habe großen Anteil am Sturz des einstigen Regimes in Warschau.