Abgeordnete stellen Gesetzentwurf zu Präimplantationsdiagnostik vor

PID und die Frage nach Pandoras Büchse

Seit Monaten streiten Abgeordnete aller Parteien über die Zukunft genetischer Untersuchungen, 2011 will das Parlament entscheiden. Heute stellte eine Gruppe ihren Entwurf vor: Er sieht eine PID-Zulassung in begrenztem Rahmen vor. Katholiken warnen vor einer Diskriminierung behinderten Lebens.

 (DR)

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, hat vor einer Diskriminierung behinderten Lebens durch Präimplantationsdiagnostik (PID) gewarnt. In einem Interview der "Passauer Neuen Presse" am Dienstag (21.12.2010) forderte Glück ein generelles Verbot der umstrittenen genetischen Untersuchungsmethode.



Es gehe um eine "wirkliche Grundsatzfrage. Bei der PID stellt sich die Frage, welches Leben als erwünscht gelten soll und welches nicht", so der frühere CSU-Politiker. Jede Begrenzung wäre subjektiv, zeitgebunden und dem gesellschaftlichen Wandel ausgeliefert.



Entwurf: PID in begrenztem Rahmen zulassen

Abgeordnete aller Fraktionen haben am Dienstag einen Gesetzentwurf zur Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) vorgestellt. Mit dem Konzept wollten sie Fehl- oder Totgeburten oder die Geburt eines schwer kranken Kinder verhindern. Der Entwurf schreibt zunächst explizit das Verbot von PID fest und benennt danach mehrere Ausnahmen, bei denen die umstrittene genetische Diagnostik angewandt werden darf. Dabei beschränkt er die Zulassung nicht nur auf genetisch vorbelastete Paare.



Den Entwurf stellten Peter Hintze (CDU), Ulrike Flach (FDP), Carola Reimann (SPD), Petra Sitte (Linke) und Jerzy Montag (Grüne) gemeinsam vor. Das Parlament will über PID - wie bei bioethischen Themen üblich - ohne Fraktionszwang frei nach dem Gewissen der Abgeordneten entscheiden. Deswegen kommt es zu sogenannten Gruppenanträgen.



Bei der PID werden im Reagenzglas erzeugte befruchtete Eizellen außerhalb des Mutterleibes auf genetische Fehler untersucht und geschädigte Embryonen vernichtet. In Deutschland galt sie bis zum Sommer 2010 nach gängiger Rechtsinterpretation des Embryonenschutzgesetzes als verboten. Anfang Juli entschied jedoch der Bundesgerichtshof (BGH), dass Gentests an Embryonen nach dem Wortlaut dieses Gesetzes bislang nicht untersagt sind.



"Öffnen nicht die Büchse der Pandora"

Flach betonte, die Abgeordneten "öffnen nicht die Büchse der Pandora". Ihr Ziel sei die Umsetzung des BGH-Entscheids. Eltern bräuchten Rechtssicherheit. Es gehe um die Chance auf ein gesundes Kind. Hintze sagte, die Regelung stärke "das Ja zum Kind" und sprach von einer "humanen Alternative" zur Pränataldiagnostik (PND), der Untersuchung des Embryos während der Schwangerschaft im Mutterleib. Weiter äußerte der CDU-Politiker die Überzeugung, dass ein Embryo außerhalb des Mutterleibes "kein Mensch" sei; noch ohne Mutter gebe es keinen Menschen. Schließlich werde um eine Zelle im Reagenzglas, die verworfen werde, auch nicht getrauert.



Der Gesetzentwurf nennt zwei Varianten, die eine PID begründen können. Zunächst ist dies die genetische Disposition der Eltern oder eines Elternteils, wegen der "Nachkommen eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine schwerwiegende Erbkrankheit" haben. Solche Paare handelten nicht rechtswidrig. Zudem heißt es: "Nicht rechtswidrig handelt auch, wer eine Präimplantationsdiagnostik zur Feststellung einer schwerwiegenden Schädigung des Embryos vornimmt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führen wird."



Immer ist eine Zulassung der Untersuchung an eine medizinische und psychosoziale Beratung der Mutter und die Bewertung durch eine Ethikkommission gebunden. Der Vater wird nicht genannt. Nur lizenzierte Zenten dürfen nach dem Konzept eine PID vornehmen.



Der erste von mehreren Gesetzentwürfen

Das nun vorgestellte Papier ist der erste von mehreren Gesetzentwürfen, an denen Gruppen von Abgeordneten im Bundestag arbeiten. Die Grünen-Politikerin Priska Hinz will mit Rene Röspel (SPD) einen eigenen Entwurf für eine strikt begrenzte Zulassung von PID vorlegen; ihr geht der Ansatz Hintzes zu weit. Johann Singhammer (CSU) will ein konsequentes PID-Verbot und rechnet mit Unterstützern aus allen Fraktionen. Dazu legte er Ende voriger Woche mit einzelnen Abgeordneten aus allen Fraktionen zunächst ein Argumentationspapier vor.



Erwartet wird, dass im Januar mindestens zwei weitere Gesetzentwürfe als Gruppenanträge folgen. Vermutlich werden alle Fraktionen intern darüber sprechen. Dem folgt dann - vermutlich noch im Februar - die erste Beratung im Bundestag. Dann könnte eine abschließende Zweite und Dritte Lesung vor der Sommerpause erfolgen. Der CDU-Bundesparteitag hatte im November mit knapper Mehrheit für ein PID-Verbot votiert. Die katholische Kirche hat sich wiederholt gegen eine Zulassung der PID ausgesprochen. Innerhalb der evangelischen Kirche ist das Thema umstritten.