Als Oberer der Piusbrüder hat Bernard Fellay viel erreicht

Ein hartnäckiger Schweizer

Nach der jüngsten Verständigung mit Rom ist die Piusbruderschaft einer Wiedereingliederung in die katholische Kirche nähergekommen. Dass es so weit kam, ist vor allem das Werk des Oberen der Piusbruderschaft, des Schweizer Bischofs Bernard Fellay.

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel
 (DR)

Der Präfekt der Römischen Glaubenskongregation Kardinal William Levada hat den Traditionalisten angeboten, über die Auslegung "einzelner Formulierungen" des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) zu debattieren, wenn sie gleichzeitig ihre Unterordnung unter das kirchliche Lehramt zusagen. Damit scheint nach der Wiederzulassung der "Alten Messe" die Verwirklichung einer weiteren Forderung der Piusbruderschaft denkbar: eine Neuinterpretation strittiger Konzilstexte in einer Weise, die anstelle des Traditionsbruchs der 60er Jahre die ungebrochene Kontinuität der kirchlichen Lehre setzt.



Seit Fellay 1994 mit nur 36 Jahren die Führung der Gemeinschaft übernahm, arbeitet er hartnäckig daran, die Traditionalisten aus einer Sekte ewig Gestriger in einen jungen Stoßtrupp für eine konservative Kurskorrektur der Gesamtkirche zu verwandeln.



Der Papst als Glücksfall

Dass auch der 2005 gewählte Papst Benedikt XVI. eine konservative Konsolidierung der Kirche anstrebte, war für Fellay ein Glücksfall. Schon wenige Wochen nach der Wahl empfing ihn der Papst in Sonderaudienz; man betonte den Willen zur Aussöhnung. Als Benedikt XVI. ein halbes Jahr später verkündete, dass er bei der Interpretation des Konzils eine "Hermeneutik der Kontinuität" durchsetzen wolle, wurde Fellay hellhörig. Denn der Papst zeigte mit der Absage an die "Hermeneutik des Bruchs", die bis dahin von den Traditionalisten gepflegt wurde, den Weg, wie auch sie mit dem Reformkonzil leben konnten.



Doch zuvor musste die Sache mit der Alten Messe geklärt werden. Die Verdrängung der alten gregorianischen Messriten durch die moderne Liturgie war für die Traditionalisten das größte Übel der Reformära. Sie verlangten eine komplette Rolle rückwärts. Fellay hingegen hielt eine Koexistenz beider Riten für möglich - was sich wiederum mit den Ideen Ratzingers traf.



Die "neue Messe" hat Fellay, Jahrgang 1958, als Messdiener kennengelernt. In einem Interview des TV-Senders "arte" erzählte er, dass ihm der Wechsel von der alten zur neuen Messe kaum aufgefallen sei. Als aber die Handkommunion eingeführt wurde, weigerte er sich, das mitzumachen. Und als viele Priester in der Schweiz Mitte der 70er Jahre die Modernisierung der Messe auf die Spitze trieben, wandte er sich ganz Marcel Lefebvre zu. Der alte französische Erzbischof zählte bereits beim Konzil zur Minderheit der Reformgegner; in den Jahren danach war er weitgehend isoliert.



Lefebvres traditionalistisches Priesterseminar in Econe (Wallis) wurde für den jungen Fellay zum rettenden Anker. Im Oktober 1977 trat er dort ein; am 29. Juni 1982 weihte ihn Lefebvre zum Priester. Damals zählte die Piusbruderschaft etwa 100 Geistliche; heute sind es weltweit 550. Fellays Auffassungsgabe und sein Talent für Fremdsprachen ließen ihn rasch Karriere machen. Er wurde Distrikt-Ökonom, auf Reisen knüpfte er internationale Verbindungen.



Störfeuer der eigenen Ultras

Am 30. Juni 1988 nahm er als 30-Jähriger teil an der Bischofsweihe, die zum Bruch mit Rom führte. Weil der Papst die Weihe verboten hatte, zogen sich der weihende Lefebvre und die von ihm geweihten Neubischöfe die Strafe der Exkommunikation zu. Danach drohte sich die Piusbruderschaft zu einer Parallelkirche zu entwickeln.



Dass dieser Weg ins sektenhafte Abseits führen musste, bemerkte Fellay früh. Folgerichtig nahm er in Rom Kontakt mit der Kommission "Ecclesia Dei" auf, die sich um die Wiedereingliederung von Traditionalisten bemüht. Im Heiligen Jahr 2000 führte Fellay mehrere tausend Menschen in den Petersdom und unterstrich damit seinen Willen, ins Zentrum der Kirche zurückzukehren.



So richtig erfolgreich wurde sein Kurs aber erst im Ratzinger-Pontifikat - immer begleitet vom Störfeuer der eigenen Ultras, die er durch markige Sprüche gegen die "Konzilskirche" zu beruhigen versuchte. Seit 17 Jahren ist Fellay nun Generaloberer der Piusbruderschaft. Im Juli 2006 wurde er durch das Generalkapitel bis 2018 im Amt bestätigt. Auch dann wird er mit 60 Jahren noch relativ jung sein. Selbst für kirchliche Zeitrechnungen hat er also einen ziemlich langen Atem.