Piusbrüder reagieren zögerlich auf Vatikan-Angebot

"Gründlich prüfen"

Wird die Piusbruderschaft wieder in die katholische Kirche aufgenommen? Der Vatikan hat am Mittwoch klare Bedingungen dafür formuliert. Der oberste Piusbruder, Bischof Bernard Fellay, erklärte am Abend, er werde auf die vatikanische Erklärung erst nach Rücksprache mit den Verantwortlichen der Bruderschaft antworten.

 (DR)

Der Vatikan hat der traditionalistischen Piusbruderschaft Bedingungen für eine mögliche Aussöhnung gestellt. Die seit 1988 von Rom abgespaltene Priesterbruderschaft müsse nun prüfen, ob sie die am Mittwoch vorgelegte "Lehrmäßige Erklärung" Roms über grundlegende Glaubenslehren der katholischen Kirche akzeptiere, hieß es am Mittwoch nach einem Treffen ihres Generaloberen Bernard Fellay mit dem Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal William Levada. Falls die Bruderschaft der Erklärung zustimme, könnten Gespräche zu rechtlichen und strukturellen Fragen einer Integration aufgenommen werden, hieß es in Rom.



Fellay sagte, dass der Text für eine mögliche Interpretation des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) nicht die von manchen vorgeschlagene Unterscheidung in unantastbare, dogmatische Konzilsbeschlüsse einerseits und eine bloß pastorale Dimension andererseits vornehme. Vielmehr enthalte die Präambel "Lehrprinzipien und Interpretationskriterien der katholischen Lehre", die notwendig seien, "um die Treue zum Lehramt der Kirche und das "sentire cum ecclesia" ("Fühlen mit der Kirche") zu garantieren". Daneben bleibe laut dem Text eine "legitime Diskussion" über die theologische Erklärung bestimmter Formulierungen in den Texten des Konzils und des nachfolgenden Lehramts möglich.



Kein Ultimatum

Vatikansprecher Federico Lombardi erklärte, er rechne in absehbarer Zeit mit einer Antwort der Piusbrüder. Es gebe zwar kein Ultimatum; als Richtgröße könne jedoch eine Zeitspanne von "einem bis mehreren Monaten" gelten. Die Unterzeichnung des Dokuments stelle die "unabdingbare Grundlage" für eine Versöhnung dar. Als gegenwärtig wahrscheinlichste kirchenrechtliche Lösung im Falle einer Einigung bezeichnete Lombardi die Errichtung einer Personalprälatur für Mitglieder und Anhänger der Priesterbruderschaft.



Fellay erklärte, es sei zu früh, über ein mögliches kirchenrechtliches Statut für seine Bruderschaft zu spekulieren. Über dessen Modalitäten könne erst später gesprochen werden; zudem sei diese Frage noch offen für Diskussionen.



Nach Lombardis Worten fand die zweieinhalbstündige Begegnung in einem "herzlichen und fairen Klima" statt. Die Unterredung sei intensiv und zeitweilig lebhaft gewesen. Fellay sagte, das Gespräch sei "mit großer Höflichkeit und auch mit großer Offenheit" geführt worden.



Der Kölner Kardinal Joachim Meisner lobte unterdessen die Anstrengungen des Papstes um die Piusbruderschaft. Benedikt XVI. habe sehr viel auf sich genommen, um die von Rom abgespaltene Gemeinschaft wieder "heimzuholen", sagte Meisner in Köln. Wenn aber die Piusbrüder "das Konzil nicht annehmen, müssen sie draußen vor bleiben".