Nach den blutigen Anschlägen auf Christen am vorvergangenen Wochenende mit rund 100 Toten droht im Norden Nigerias eine weitere Zuspitzung. Die Armee im Plateau-Bundesstaat bereite eine Offensive gegen die mutmaßlichen Täter aus dem Volk der muslimischen Fulani-Haussa vor, wie die nigerianische Tageszeitung "This Day" am Dienstag in ihrem Online-Dienst berichtete. Dorfbewohner verließen überstürzt ihre Siedlungen, nachdem sie von Sicherheitskräften dazu aufgefordert wurden.
"Die Situation ist an einem Wendepunkt", erklärte Karin Döhne, die Leiterin des Afrika-Referats beim Evangelischen Entwicklungsdienst (EED), die sich zurzeit im Plateau-Staat aufhält. "Entweder die Sicherheitskräfte kriegen die Situation in den Griff oder die Gewalt eskaliert weiter", sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Die Christen reagierten angesichts ständiger Drohungen und Anschläge gespalten. "Sehr beeindruckend ist das Bekenntnis der Kirchen zu Frieden und Gewaltfreiheit." Die Kirchenführer distanzierten sich von Jugendgangs, die aus Rache im Namen des Christentums muslimische Gangs überfielen, sagte Döhne.
Vertreter der Haussa protestierten gegen das Vorgehen der Armee als eine Aktion, die gegen ihr Volk gerichtet sei. In Jos, der Hauptstadt des Bundesstaates, traten die muslimischen Händler in den Streik. "Die Erfahrung zeigt, dass es bei solchen Armee-Aktionen zu Erschießungen kommt, da wird nicht lange gefragt", sagte Döhne. Radikale muslimische Stimmen hätten bereits mit der neuen Drohung
geanwortet: "Wenn ihr Krieg wollt, könnt ihr Krieg haben."
Schwieriger Dialog
Hatten manche Kirchen gehofft, der Terror einiger Extremisten werde vorübergehen, erleben sie laut Döhne jetzt ein schmerzhaftes Erwachen. "Sie müssen sich mit der Gewalt auseinandersetzen und in Aktion treten." Auf einer Konferenz unter dem Motto "Zeichen der Hoffnung", zu der der EED in der Nähe von Jos eingeladen hat, wurde unter anderem über Warnsysteme und das systematische Dokumentieren von Zwischenfällen diskutiert.
Immer wieder werden im Norden Nigerias Kirchen und christliche Dörfer abgebrannt. Die islamistische Terrorgruppe Boko Haram kündigte an, ihre Anschläge so lange fortzusetzen, bis der letzte Christ aus dem Norden Nigerias verschwunden sei. Viele Christen zögen bereits in den Süden, weil sie sich im Norden nicht mehr sicher fühlten, sagte Döhne. Der Dialog mit Muslimen sei schwierig geworden, weil radikale Islamisten ihre Glaubensbrüder massiv unter Druck setzten.
Die Ursachen des Konflikts sind nicht allein religiöser Natur. Auch wirtschaftliche, ethnische und politische Gründe spielen mit. So wirft die 2015 fällige Präsidentenwahl ihre Schatten voraus. Der amtierende Staatschef, Goodluck Jonathan, ist ein Christ aus dem Süden. Etwa die Hälfte der 150 Millionen Nigerianer sind Muslime, die den Norden als ihr Stammland betrachten. Die Christen machen rund 40 Prozent der Bevölkerung aus und leben vorwiegend im Süden. Hinzu kommt das Ringen um Wasser und Land zwischen Ackerbauern und Viehhirten bei einer wachsenden Bevölkerung.
Nach Anschlägen auf Christen setzt Nigeria die Armee in Marsch
Eskalation der Gewalt droht
Die Christen im Norden Nigerias sind bedroht. Kirchen brennen, Dörfer werden von muslimischen Banden überfallen. Jetzt will die Armee zurückschlagen. Eine Eskalation der Gewalt steht bevor.
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