Bestatter Kuckelkorn über individuelle Grabgestaltung

Letzte Wünsche realisieren

Der Streit um das Grab eines BVB-Fans zeigt einen Wandel der Bestattungskultur. Christoph Kuckelkorn spricht über individuelle Bestattungswünsche, den Ermessensspielraum von Friedhofsträgern und über Gräber mit Links ins Internet.

 (DR)

domradio.de: Hatten Sie auch schon mal so einen Fall, dass es Probleme gab mit der Grabgestaltung?

Christoph Kuckelkorn: Hier in Köln haben wir insgesamt 58 Friedhöfe, also eine große Vielzahl. Von denen allerdings nur zwei konfessionell sind - ein evangelischer und ein katholischer Friedhof, jeweils in Köln-Mülheim. Daher beerdigen wir hauptsächlich auf städtischem Grund und da ist das Reglement natürlich sehr viel freier. Das heißt, hier ist man sehr liberal. Sie finden auf den großen Friedhöfen, wie zum Beispiel dem Melaten-Friedhof Walfische, die aus den Gräbern emporsteigen, sie finden Handys als Grabstein, sie haben die unterschiedlichen Ausprägungen der Grabmale, natürlich auch viele christliche Symbole. Aber in den letzten Jahren ist es zunehmend auch gewünscht, dass der Grabstein auch Individualität ausdrückt und eben ein wenig aus dem Leben des Verstorbenen erzählt. Was ja grundsätzlich auch eine sehr, sehr schöne Sache ist.

domradio.de: Gibt es irgendwas, wo sie im Vorfeld von abraten, weil sie sagen, das kriegt man so nicht genehmigt?

Christoph Kuckelkorn: Ja, das wird immer dann schwierig, wenn man Symbole verwendet, die erst einmal missdeutet werden können oder wenn es Symbole sind, die auch einem gewissen Schutz unterliegen können. Also ein Logo eines Fußballvereins ist ja erst einmal ein geschütztes Logo. Insofern müsste man da erst einmal mit dem Verein sprechen, wie weit es möglich ist, das anzubringen. Da wäre ich schon sehr vorsichtig und würde da auch vorklären. Aber in so einem Fall, denke ich, liegt ja keine kommerzielle Nutzung zugrunde und müsste auch nicht freigegeben werden. Ich denke Individualität bei der Gestaltung des Grabes ist ja wunderschön. Und wenn wir uns ja mal erwischen, wenn wir in andere Länder reisen oder im Urlaub sind und auch fremde Friedhöfe besuchen, dann sind wir ja gerade auf der Suche nach der Individualität. Dann sind wir ja in Österreich unterwegs und lesen die Metallkreuze und gucken: Was für Menschen sind hier bestattet? Um wen geht es hier? Und das ist glaube ich ganz wichtig.

domradio.de: Es ist ja so, dass der Trend oder der Wunsch nach individueller Grabgestaltung zunimmt. Jetzt gibt es so einen neuen Trend, das ist ein QR-Code auf einem Grabstein. Wenn man da sein Handy dran hält, dann kommt man über einen Link ins Internet und kann da Informationen, Bilder über den Verstorbenen finden. Hört sich vielleicht harmlos an, ist aber umstritten. Was halten Sie von den QR-Codes auf Gräbern? 

Christoph Kuckelkorn: Also grundsätzlich finde ich es auch schön, wenn damit eine Verlinkung erfolgt auf eine Gedenkseite oder auf eine Seite der Familie, wo man die Familiengeschichte, diese Historie, der in dem Grabstein bestatteten Menschen auch nachlesen kann. Das ist ja fast wie eine Friedhofsführung und die kennen wir ja hier in Köln auch in vielen Ecken. Aber es ist halt nicht kontrollierbar, wohin diese Links laufen. Also das könnte ja auch wirklich missbraucht werden für Werbezwecke vielleicht oder auch für Propagandazwecke. Insofern sieht die Friedhofsverwaltung hier in Köln, die städtische Friedhofsverwaltung das sehr skeptisch. Und wir haben noch keinen guten Konsens gefunden, wie man damit umgehen kann. Gleichwohl kann ich den Wunsch von vielen Menschen ja auch verstehen. Heute ist das Internet, tja, wie soll ich das sagen, die Sozialen Netzwerke ja auch ein Lebensbereich geworden. Und dass man diesen Lebensbereich auch auf den Friedhof bringt und ihn dann auch mit diesem realen Sterben verbindet ist ja an und für sich etwas Schönes.

domradio.de: Grabgestaltung auf städtischen Friedhöfen und auf katholischen oder protestantischen Friedhöfen ist unterschiedlich, ja?

Christoph Kuckelkorn: Also grundsätzlich bestimmt natürlich der Hausherr das Reglement. Das heißt auch, dass der Gesetzgeber übrigens ganz viele Regeln, die früher gesetzmäßig geregelt wurden, wie zum Beispiel der Zwang einen Sarg zu benutzen, auf die  Friedhofsträger überträgt. Jetzt kann der Friedhofsträger für sich entscheiden, nach welchen Regeln auf seinem Friedhof bestattet wird. Und man tut gut daran, sich vorher zu informieren und dann auch den Friedhof so aussuchen, dass man seine Wünsche auch realisiert bekommt. Ich meine, das ist natürlich auch so eine Sache, wenn man im Nachhinein das Reglement umwerfen will, ist es nicht so ganz fair. Fairer wäre, man informiert sich vorher, was ist auf dem Friedhof möglich und sucht danach dann den Friedhof auch passend aus.

domradio.de: Heißt das dann im Grunde genommen auch im Fall dieses  9-jährigen Jungen in Dortmund hätten die Eltern vielleicht direkt gesagt, wie gehen auf den städtischen Friedhof, wären die Wellen nicht so hoch geschlagen?

Christoph Kuckelkorn: Ganz genau. Man hätte vielleicht auch mit einem anderen konfessionellen Friedhof Kontakt aufnehmen können, vor der Entscheidung, wir beerdigen hier an diesem Ort und auf diesem Platz, eben abgeprüft, was möglich ist. Und dann wäre es wesentlich ruhiger gegangen. Wir raten immer zu so einem Konsens und da ist natürlich auch der Bestatter sehr gefragt, dass er auch in seinem Zirkel weiß, was ist auf welchem Friedhof möglich und wie kann ich die Menschen so beraten, dass sie eben alle ihre Wünsche auch realisiert bekommen.

Das Interview führte Uta Vorbrodt (domradio.de)

Hintergrund
Im Streit um das Grabmal eines jungen Fans von Borussia Dortmund haben sich Eltern und die katholische Gemeinde in Dortmund geeinigt. Der ursprünglich auf der Spitze vorgesehene Fußball soll nun im unteren Bereich des Grabsteins platziert werden.

  Außerdem werde durch ein zunächst nicht geplantes christliches Symbol zum Ausdruck gebracht, dass sich der BVB-Schriftzug "Echte Liebe" nicht nur auf den Sport beziehe. Dies teilte die katholische Stadtkirche am Dienstagabend mit. Am Nachmittag hatten sich die Eltern des Jungen, der im Alter von neun Jahren an einem Hirntumor verstorben war, mit Vertretern der Pfarrgemeinde Mariä Heimsuchung verständigt.

Der Grabstein auf dem katholischen Friedhof in Dortmund-Bodelschwingh soll neben Namen, Geburts- und Sterbedatum weiterhin das BVB-Logo sowie die Vereins-Inschrift "Echte Liebe" tragen, wie es hieß. Das christliche Symbol könne beispielsweise eine Taube sein. Die Gemeinde betonte, sie wolle den christlichen Charakter des katholischen Friedhofs erhalten; der erste Entwurf sei diesem Ort nicht angemessen gewesen.

Die Ablehnung des Entwurfs durch den Kirchenvorstand war auf ein breites Medienecho und heftige Proteste im Internet gestoßen. Daraufhin unterstrich die Gemeinde, dass sie dem "letzten Wunsch" des im Mai verstorbenen Jungen nicht im Wege stehen wolle.