Der Generalsekretär der Deutschen Bischofskonferenz, der Jesuit Hans Langendörfer, hat das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur außerordentlichen Kündigung eines aus der Kirche ausgetretenen Caritas-Mitarbeiters begrüßt. "Heute haben wir Recht bekommen. Wer aus der Kirche austritt, hat keinen Anspruch auf einen kirchlichen Arbeitsplatz", sagte Langendörfer in der Talkrunde "Arena" im WDR-Hörfunk am Donnerstagabend. Die Entscheidung der Erfurter Richter bestätige die Erwartung der Kirche an eine besondere Loyalität ihrer Beschäftigten.
In dem konkreten Fall ging es um einen heute 60-jährigen, beim Mannheimer Caritasverband beschäftigten Sozialpädagogen. Er hatte seinen Kirchenaustritt damit begründet, dass er von seinem Grundrecht auf Gewissensfreiheit Gebrauch gemacht habe. Zur Begründung hatte er auf Missbrauchsfälle in der Kirche und auf die konservative Piusbruderschaft verwiesen.
Langendörfer sagte in der Diskussionsrunde mit der SPD-Politikerin Ingrid Matthäus-Maier und dem Publizisten Navid Kermani zur Trennung zwischen Staat und Kirche, Glaube sei "Gott sei Dank" eine persönliche Angelegenheit; der Staat habe aber die Gesellschaft hinsichtlich der religiösen Freiheit zu unterstützen. Dazu gehöre die staatliche Pflicht, "Räume zu schaffen, wie Menschen ihre Religion leben können".
Religionsunterricht für alle
Dabei verteidigte er das Angebot von Schulen und Krankenhäusern in kirchlicher Trägerschaft. Die Menschen suchten gezielt solche Einrichtungen auf, "weil sie einen eigenen Stempel haben". Dies schließe auch eine Freiheit der Kirchen in der Personalauswahl ein. Hinsichtlich der Bezuschussung durch den Staat sei nicht einzusehen, dass es Unrecht sein solle, wenn solche freien gemeinnützigen Einrichtungen nach dem gleichen System finanziert würden wie andere Einrichtungen auch, so der Generalsekretär der Bischofskonferenz.
Weder der schulische Religionsunterricht noch Staatsleistungen an die Kirchen seien Privilegien, sagte Langendörfer. Die Möglichkeit, Religionsunterricht anzubieten, stehe allen Glaubensgemeinschaften offen. So unternähmen in vielen Bundesländern Muslime konkrete Schritte zu einem eigenen Islamunterricht.
Bei den Staatsleistungen handle es sich um historisch entstandene Rechtstitel. Es gebe "aktive Bemühungen" seitens der katholischen Kirche, diese Titel abzulösen. Dafür sei ein Bundesgrundsätzegesetz zu schaffen, auf dessen Grundlage die einzelnen Länder neue Vereinbarungen mit der Kirche zu treffen hätten. Dass es dabei keine raschen Fortschritte gebe, liege in der Verantwortung der Bundesregierung, so Langendörfer.
"Es geht nicht um Privilegien und Pfründe"
Angesprochen auf Proteste in Frankreich gegen die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen sagte Langendörfer, in Deutschland werde es seitens der Kirchen "niemals eine vergleichbare Mobilisierung" von Gegnern homosexueller Partnerschaften geben. Dies sei auch kein Wunsch der Kirchen. "Wir würden das nicht wollen." In Deutschland existiere keine vergleichbare Protestkultur wie in Frankreich. "Und das finden die katholische und die protestantische Kirche so in Ordnung", sagte der Jesuit.
Mit Blick in die Zukunft meinte Langendörfer, in zehn Jahren werde es in Deutschland mehr Religionsgemeinschaften geben, zugleich aber eine "weniger institutionelle Religiosität". Er äußerte sich zuversichtlich, auch dann noch "in einem Staat zu leben, der auf die Religion und ihre Kräfte setzt". Es werde auch in einem Jahrzehnt noch die Kirchensteuer geben, betonte Langendörfer.
Auch der muslimische Schriftsteller Kermani verteidigte die Stellung der Kirchen im Bildungs- und Sozialbereich. "Für uns Einwanderer und die Generation meiner Eltern waren es die Kirchen, die sich gekümmert haben", sagte Kermani. Es gehe nicht nur um "Privilegien und Pfründe"; vielmehr wäre es "ein riesiger Verlust", wenn Religionen in der Gesellschaft keine Rolle mehr spielten. Allerdings müssten Glaubensgemeinschaften es "als Chance begreifen, dass sie an den Rand rücken", sagte Kermani unter Verweis auf die Forderung Benedikts XVI. nach einer "Entweltlichung" der Kirche.