Erstmals nach dem Rücktritt des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst hat sich nun dessen ehemaliger Generalvikar Franz Kaspar zu Wort gemeldet. In einem am Dienstag veröffentlichten Schreiben äußerte er sein "tiefes Bedauern", dass das Bauprojekt auf dem Domberg das Bistum in die Krise gestürzt habe.
Er hoffe, dass es nun zu einem "guten und erfolgreichen Neuanfang" komme.
"Das tut mir unendlich leid"
Zugleich entschuldigte sich Kaspar bei den Opfern von Gewalt und Missbrauch in der katholischen Behinderteneinrichtung Sankt Vincenzstift in Rüdesheim-Aulhausen, die er von 1970 bis 2006 leitete: "Ich teile die Bestürzung und Fassungslosigkeit all derjenigen, denen im Sankt Vincenzstift Aulhausen Leid zugefügt wurde und denen Unrecht geschehen ist. Das tut mir unendlich leid und dafür bitte ich um Entschuldigung", erklärte Kaspar.
Als er 1970 die Leitung des Vincenzstifts übernahm, habe er Regelungen getroffen, so Kaspar weiter, die ein "Höchstmaß an Sicherheit" für die dort lebenden Menschen garantieren sollten.
"Diese Regelungen untersagten selbstverständlich auch jede Form von Übergriffen und Verletzungen physischer und psychischer Art." Dass sich nun in Folge einer von Kaspars Nachfolger in Auftrag gegebenen Untersuchung mehrere Personen meldeten, die missbraucht und misshandelt wurden, mache ihn "tief betroffen", betonte Kaspar.
Missbrauch auch nach 1970
Eine in der vergangenen Woche öffentlich vorgestellte Erhebung hatte belegt, dass es auch nach 1970 und damit in der Amtszeit von Kaspar im Vincenzstift sowie in der benachbarten katholischen Jugendhilfe Marienhausen Fälle von Gewalt und von Missbrauch gegeben hat.
Gewalt- und Missbrauchsvorfälle in der Zeit von 1945 bis 1970 hatte bereits eine im vergangenen September von dem Stift veröffentlichte Studie belegt. Damals wurden von ehemaligen Heimkindern Vorwürfe geäußert, welche die Zeit nach 1970 betrafen. Dies nahm das Vincenzstift zum Anlass, eine telefonische Erhebung durchzuführen.
Körperliche, sexualisierte und psychische Gewalt
Insgesamt gab es sieben Meldungen von ehemaligen Heimbewohnern, Angehörigen und einer ehemaligen Mitarbeiterin. Sie berichteten über körperliche, sexualisierte und psychische Gewalt. Insgesamt lasse sich auf ein höheres Gewaltaufkommen zu Beginn der 1970er Jahre schließen. Für die Zeit bis Anfang der 1980er Jahre seien gravierende Vorkommnisse genannt worden. Auf Informationen über derartige Vorfälle habe Kaspar nach Ansicht der Anruferinnen und Anrufer nicht angemessen reagiert, betonte die Leiterin der Telefonerhebung, Annerose Siebert.
In der Studie zu Gewalt- und Missbrauchsvorfällen im Vincenzstift in der Zeit von 1945 bis 1970 war insbesondere Kaspars Vorgänger als Stiftungsdirektor, Rudolf Müller, als einer der Täter stark belastet worden. Der Geistliche hatte das Heim von 1958 bis zu seinem Suizid im Jahr 1970 geführt.
Kunst aus privaten Mitteln finanziert
Das Vincenzstift gehört seit 2010 zu der in Köln ansässigen Josefs-Gesellschaft. Aufsichtsratsvorsitzender dieses Trägers von bundesweit mehreren Einrichtungen für behinderte Menschen war über viele Jahre bis zu seinem kürzlich erfolgten Rücktritt ebenfalls Franz Kaspar. Seit 1991 betreibt das Vincenzstift das Jugendheim Marienhausen, vormals geleitet von den Salesianern Don Boscos.
Zu Berichten, wonach Kaspar Gelder aus einem Fonds für das Vincenzstift für Kunstkäufe genutzt und einige Objekte in seiner Privatwohnung aufgestellt habe, erklärte Kaspar nun, er habe die Kunstwerke aus privaten Mitteln finanziert.