Eine trotz Abstrichen positive Gesamtbilanz der Bischofssynode in Rom zum Thema Ehe und Familie hat der Münchner Kardinal Reinhard Marx gezogen. Der am Samstagnachmittag verabschiedete Abschlusstext der Synode sei eine Ermutigung, "weiter zu diskutieren und voranzugehen", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Samstagabend vor Journalisten in Rom.
Erstmals seit Jahrzehnten habe es eine offene Debatte über drängende Fragen zum Thema Ehe, Familie und Sexualität gegeben, und der abschließende Text enthalte "viele positive Elemente", betonte Marx.
Kontroverse Fragen aufgegriffen
Die kontroversen Fragen, die unter anderem von den deutschsprachigen Teilnehmern aufgeworfen wurden, seien nicht verschwunden, sondern weiter Teil der Debatte, sagte der Kardinal. Er bezog sich damit auf einige aufsehenerregende Vorschläge zu Homosexuellen und zu wiederverheiratet Geschiedenen.
Die teilweise von früheren kirchlichen Dokumenten abweichenden Formulierungen waren noch am Montag in einem Zwischenbericht der Synode enthalten, sie fanden sich aber aufgrund von Änderungsanträgen an den Folgetagen sowie nach der Gesamtabstimmung am Samstag nicht im Schlussbericht der Synode wieder.
Gemeinsamer Weg
Zu den teilweise sehr kontroversen Diskussionen vor und während der Synode räumte der Kardinal ein, manches sei "nicht erquicklich" gewesen. Entscheidend sei aber der gemeinsame Weg sowie die Tatsache, dass der Papst als Garant der Einheit der Kirche diesen Weg ermutigt habe.
Der Papst habe auf die "Versuchungen" in einer Synode hingewiesen, die darin bestünden, sich mit "traditionalistischen" oder "progressistischen" Positionen durchsetzen und von der Weisung Jesu entfernen zu wollen.
Sprachfähige Kirche
In einer am Sonntag in Bonn veröffentlichten Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz betonte Marx, die katholische Kirche müsse in Fragen von Sexualität, Ehe und Familie wieder "sprachfähig" werden. Er hoffe jetzt "auf eine intensive Debatte in unseren Bistümern, Pfarreien und Verbänden", so der Kardinal. "Da gibt es keine Denk- und Sprechverbote."
Der Münchner Erzbischof betonte, die Bischofskonferenz wolle auch die pastorale Begleitung von Gläubigen, deren Ehe zerbrochen ist und die eine neue Verbindung eingegangen sind, intensivieren. "Sie dürfen sich nicht als Christen zweiter Klasse fühlen." Es sei eine wichtige Aufgabe, "ihnen zu helfen, das Zerbrechen ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft psychologisch und theologisch zu verarbeiten, sie zu ermutigen, weiterhin oder erneut am Leben der Kirche aktiv teilzunehmen, und sie in ihrem Bemühen zu unterstützen, ein Leben nach dem Glauben zu führen".
Auch Ungeduld
Die katholische Berliner Familienseelsorgerin Ute Eberl räumte ein, dass in der zweiten Woche der Synode "eine eher bewahrende Haltung, eine Vorsicht, vielleicht auch eine Sorge" im Vordergrund gestanden habe. "Von außen gesehen ganz normal, wenn man mittendrin sitzt, kann man schon mal ungeduldig werden", sagte die 52-Jährige, die zusammen mit Marx die deutschen Katholiken bei der zweiwöchigen Weltbischofsversammlung vertreten hatte. Ermutigt zeigte sie sich durch den Papst, der in seinen Abschlussworten vom Dienen und vom Wahrnehmen der Lebenswirklichkeit der Menschen gesprochen habe.