UNICEF zum Tag des afrikanischen Kindes

"In die Bildung investieren"

Am Tag des afrikanischen Kindes wird heute weltweit auf die Situation der Jugend in Afrika aufmerksam gemacht. UNICEF-Pressesprecherin Ninja Charbonneau spricht gegenüber domradio.de von Fortschritten in der Ausbildung afrikanischer Kinder.

Schulkinder in Afrika (dpa)
Schulkinder in Afrika / ( dpa )

domradio: Worauf will der heutige Tag aufmerksam machen?

Ninja Charbonneau: Der Tag will zum einen darauf aufmerksam machen, dass die afrikanische Jugend ein riesiges Potential hat. In Afrika werden die meisten Kinder geboren. Das heißt, die Zukunft ist afrikanisch. Man rechnet sogar hoch, dass bis zum Ende des Jahrtausends die Hälfte aller Kinder in Afrika leben wird. Zum anderen sind die Probleme nach wie vor riesengroß. Wir müssen noch sehr viel unternehmen, um dieses große Potential, das in der Jugend steckt, auch zu nutzen.

domradio: In den letzten Jahren sind am Tag des afrikanischen Kindes immer wieder Kinder selbst auf die Straße gegangen, um auf ihre Rechte - insbesondere das Recht auf Bildung - aufmerksam zu machen. Wird das gehört?

Ninja Charbonneau: Ja, das wird gehört. Der Ursprung dieses Tages hat mit Schülerprotesten begonnen, die leider blutig niedergeschlagen worden sind. Aber damit hat etwas Größeres begonnen. Die Rassengesetze sind mittlerweile abgeschafft worden. Das ist nicht alleine auf die Schüler zurückzuführen, aber sie haben damit etwas in Gang gesetzt. Wir ermutigen die Kinder sehr, auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Wir haben in einigen afrikanischen Ländern - zuerst in Uganda, inzwischen aber auch in Nigeria, Burundi und der Demokratischen Republik Kongo - ein sehr erfolgreiches Projekt mit dem Namen "U-report" begonnen. Mit diesem Projekt ermutigen wir speziell junge Leute, sich auch per SMS zu beteiligen und ihre Meinung zu sagen. Dafür braucht man kein teures Smartphone, das geht mit jedem einfachen Handy, zu dem inzwischen sehr viele einen Zugang haben. Sie können so über Kinderrechte ihre Meinung äußern. Aber nicht nur das. Sie können uns auch mitteilen, wenn beispielsweise in ihrem Dorf die Wasserversorgung wieder nicht funktioniert oder Malaria ausgebrochen ist. Diese Informationen werden in eine Plattform eingespeist und direkt mit den Politikern in Kontakt gebracht. Die müssen dann reagieren.

domradio: Das größte Problem für die afrikanischen Kinder ist der Mangel an Bildung. Was muss denn passieren, damit dem Problem der Bildungsarmut besser begegnet werden kann?

Ninja Charbonneau: Das Problem ist sehr vielschichtig und hängt mit anderen Faktoren zusammen. Vor allem die Armut spielt dabei eine große Rolle. Aber auch andere Probleme spielen da mit rein, denen wir in den afrikanischen Ländern begegnen, wie beispielsweise Früh-Ehen. Auf diese möchten wir auch aufmerksam machen, denn die Mädchen, die früh verheiratet werden, gehen nicht mehr zur Schule. Kinder, die arbeiten müssen, weil ihre Familie arm ist, gehen auch nicht mehr zur Schule. Kinder gehen aber auch deshalb nicht zur Schule, weil es keine Schule gibt, die in erreichbarer Nähe ist oder weil es zu wenig Lehrer gibt oder weil die Toiletten fehlen. Da kann man aber sehr erfolgreich gegensteuern, indem man gezielt dahin und auch in die ärmsten Familien investiert, damit sie möglichst alle ihre Kinder zur Schule schicken können und diese zumindest eine Basisbildung erhalten und eine bessere Chance bekommen, sich aus dem Teufelskreis der Armut zu befreien.

domradio: Gemeinsam mit der Nelson Mandela-Stiftung hat UNICEF schon vor einigen Jahren die Initiative "Schulen für Afrika" ins Leben gerufen. Was passiert da?

Ninja Charbonneau: Die Initiative gibt es inzwischen seit 10 Jahren. Sie wurde auf Betreiben des Reeders und UNICEF-Mitglieds Peter Krämer gegründet. Am Anfang ging es mehr darum, Schulen in afrikanischen Ländern zu bauen, die durch Bürgerkrieg oder langjährige Unterentwicklung zu wenige Schulen in erreichbarer Nähe hatten. Inzwischen haben wir ein Level erreicht, um den nächsten Schritt zu gehen. Das machen wir nun auch seit einigen Jahren und investieren in die Qualität der Bildung. Wir haben festgestellt, dass viele Kinder, selbst wenn sie mehrere Schuljahre durchlaufen haben, trotzdem kaum lesen und schreiben konnten. Viele Kinder sind nach einigen Jahren auch wieder aus der Schule rausgefallen. Da haben wir geschaut, warum das so ist. Wir investieren beispielsweise in saubere Toiletten, denn das hält vor allem die Mädchen in der Schule. Wir investieren auch in die Kinderfreundlichkeit der Schulen. Das äußert sich in der Gestaltung der Räumlichkeiten mit bunten Bildern und der Unterrichtsführung. Denn die Kinder sollen Spaß am Lernen haben und nicht einfach von jemandem berieselt oder gar geschlagen werden. Wir bekämpfen auch das Problem der Gewalt an Schulen und investieren in die Aus- und Weiterbildung der Lehrer, damit sich langfristig etwas verbessert.

domradio: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Verena Tröster


Quelle:
DR