Rotes Kreuz fordert einfacheren Familiennachzug

Doppelt geprüft

Viele Flüchtlinge werden auf dem Weg nach Deutschland von ihren Familien getrennt. Danach wird es ihnen schwer gemacht, Ehepartner und Kinder nachzuholen. Das muss sich ändern, fordert Dieter Schütz vom Deutschen Roten Kreuz im domradio.de-Gespräch.

Eine syrische Flüchtlingsfamilie am 23.7.12 im ehemaligen Grenzdurchgangslager Friedland in Niedersachsen (epd)
Eine syrische Flüchtlingsfamilie am 23.7.12 im ehemaligen Grenzdurchgangslager Friedland in Niedersachsen / ( epd )

domradio.de: Wie kommt es, dass ein syrischer Flüchtling in Deutschland ohne seine Familienangehörigen ankommt? Welche konkreten Schicksale haben Sie vor Augen?

Dieter Schütz (Pressesprecher Deutsches Rotes Kreuz (DRK)):  Sie müssen sich vorstellen, dass in Syrien chaotische Zustände herrschen. Etwa 7,6 Millionen Menschen sind im Land auf der Flucht. Darüber hinaus sind 3,8 Millionen Menschen schon außerhalb des Landes auf der Flucht. Viele von ihnen sind auf dem Weg nach Europa und bei dieser Flucht werden viele Familien eben auseinander gerissen. Das geht ja alles nicht in geordneten Bahnen vonstatten.

domradio.de: Was ist am bisherigen Prozedere zu bemängeln, wenn in Deutschland lebende Flüchtlinge ihre Familie aus Syrien nachholen wollen?

Schütz:  Es gibt vor allem das Problem, dass die deutschen Botschaften im Ausland - also zum Beispiel in der Türkei oder in Marokko oder im Libanon - die Visaanträge prüfen müssen, wenn die Ehefrau, der Ehemann oder die minderjährigen Kinder nachziehen wollen. Dazu werden auch die Ehe- und Abstammungsurkunden überprüft. Aber bei den chaotischen Zuständen und angesichts der kriegerischen Auseinandersetzungen ist es natürlich oft unmöglich, diese Urkunden vorzulegen. 

Viele deutsche Botschaften haben bereits erleichterte Verfahren eingerichtet. Das heißt, in den Fällen, in denen die Angehörigen glaubhaft machen können, dass sie Ehefrau, Ehemann beziehungsweise Kinder sind, können die Botschaften Urkunden ausstellen. Diese müssen aber auch von der deutschen Ausländerbehörde anerkannt werden. Da gibt es oft Doppelprüfungen. Das macht es sehr schwierig. Deshalb appellieren wir an die Innenminister der Länder, hier eine sogenannte Globalzustimmung zu erteilen, damit die deutschen Botschaften im Ausland die Visaanträge schneller bearbeiten können.

domradio.de: Sie sind seit drei Jahren mit dem Deutschen Roten Kreuz im Einsatz in Syrien - mit Hilfslieferungen und logistischer Unterstützung. Wie ist Ihr Eindruck, nimmt die Zahl der Flüchtlinge langsam ab?  

Schütz: Es zeichnet sich, was die humanitäre Lage angeht, überhaupt keine Entspannung ab. Das ist nach wie vor unsere größte humanitäre Aktion. Vor allem ist die Situation im Land selber, wo wir auch versuchen zu helfen, nach wie vor katastrophal. Es fehlt an Unterkünften, Lebensmitteln, Medikamenten. Die Lage verschlimmert sich von Monat zu Monat.

 

Die Fragen stellte Daniel Hauser.


Quelle:
DR