DOMRADIO.DE: Bevor wir über den Hilfsfonds sprechen: Sie sind harter Kritiker der EU-Flüchtlingspolitik. Nun soll die Marine nach dem Willen der Verteidigungsministerin in Zukunft die Schleuserbanden bekämpfen. Ist das in Ihrem Sinne?
Bischof Franz-Josef Bode (Bistum Osnabrück): Das ist sicher ein wichtiger Schritt, dass man diesen Leuten auf die Spur kommt und denen das Handwerk legt. Viel unwürdiger ist, dass diese Verteilungskämpfe so schwierig waren, wie man Flüchtlinge in Europa verteilt.
Letztlich bleibt Europa stark eine Festung. Wir werden immer noch sehr viele Menschen haben, die auch auf der Flucht umkommen, denn so leicht ist wahrscheinlich diesen Leuten das Handwerk nicht zu legen. Es muss eine Gesamtbewusstseinsänderung sein und nicht nur eine Ansammlung von Maßnahmen.
DOMRADIO.DE: Jetzt haben Sie einen 250.000 Euro starken Fonds eingerichtet, den Kirchengemeinden oder Flüchtlings-Initiativen in Anspruch nehmen können. Für was genau?
Bischof Bode: Das ist sehr stark gedacht für Sachaufwendungen, die sie haben. Ich erlebe in den Gemeinden, nicht nur Unsicherheit und Angst, sondern auch eine große Bereitschaft, sich einzusetzen und Menschen kleine Hilfen zu geben z.B. wenn sie Sprachkurse weiter begleiten oder um zu feiern oder ihnen die einfachsten Dinge im Hausrat mitzuhelfen und zu Behörden mitzugehen, Schriftliches zu erledigen.
Dafür braucht man immer Materialien und Geld, das sind keine Riesenbeträge, aber es sind Möglichkeiten, die oft nicht von den Kommunen und von den Kirchengemeinden direkt kommen.
Da kann man Ehrenamtliche ermutigen Ausgaben bei dem Fonds zu beantragen bis in Höhe von 3000 Euro. Das kann vom Anstreichen einer Wohnung bis zur Beschaffung von Büchern gehen, da gibt es viele Möglichkeiten.
DOMRADIO.DE: Sie haben in der Vergangenheit Flüchtlinge in Heimen besucht. Welche Erfahrung haben Sie da gemacht? War es für Sie eher bedrückend oder hatten Sie manchmal das Gefühl, dass die Menschen sich wohlgefühlt haben?
Bischof Bode: Ich habe eine große Landesaufnahmestelle (für Flüchtlinge, Anm. d. Red.) hier in Bramsche-Hesepe besucht, ganz in der Nähe von Osnabrück, wo jede Woche fast 800 Menschen kommen und nach kurzer Zeit wieder weggehen.
Sie haben alle den Willen hier wirklich anzukommen, sie sind sehr bereit zu diesen ersten Einweisungen oder Sprachübungen. Es herrscht auch durchaus Frieden unter diesen sehr verschiedenen Kulturen, weil sie alle in diesem Willen vereint sind, auch hier anzukommen.
Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie da schlecht untergebracht waren. Alles ist zwar sehr eng und sie wissen natürlich, dass das vorrübergehend ist. Es ist insgesamt eine große Erwartung auch und eine große Hoffnung da, dass sie ein neues Leben beginnen können. Es waren auch viele Kinder dabei.
Eine syrische Familie habe ich hier selbst erlebt in Osnabrück, ich habe ihnen Gründonnerstag die Füße gewaschen. Die jungen Männer haben ganz Schreckliches erlebt mit dem Weg über das Meer, aber sich hier angenommen fühlen. Wir wollten auch dadurch ein solches Zeichen setzen.
DOMRADIO.DE: Sie haben diese Erfahrungen gemacht, jetzt gibt es aber auch Ressentiments in der deutschen Bevölkerung. Wie kriegen wir es hin, Flüchtlinge nicht als Last sondern als Bereicherung wahrzunehmen?
Bischof Bode: Ich denke am besten ist es, wenn Menschen sich vor Ort kennen lernen. Wenn sie eine anonyme Größe bleibt, wenn es DIE Flüchtlinge sind, von denen man kaum einen kennengelernt hat, ist es schwierig.
Je mehr man einzelne Schicksale kennenlernt, je mehr es persönliche Begegnungen gibt, je mehr auch Menschen spüren, dass sie nicht nur Probleme mitbringen, sondern auch Gaben und Fähigkeiten haben, die sie mitbringen und die sie auch einsetzen können, desto besser ist das für das Grundbewusstsein, dass diese Menschen uns auch in unserer Gesellschaft bereichern und nicht nur eine Herausforderung und Last sind.
Das Interview führte Verena Tröster.