Der Papst äußerte sich in der Nacht zum Samstag deutscher Zeit vor Regierungsvertretern und Diplomaten in der Hauptstadt Asuncion zu einer notwendigen Aufarbeitung der Militärdiktatur und einer tieferen Demokratisierung. Die Bevölkerung kenne den Mangel an Freiheit und die Verletzung der Menschenrechte nur zu gut, so der Papst. Eine Demokratie beruhe nicht nur auf einer "korrekten Durchführung von Wahlen". Sie müsse auch die Mitwirkung aller Bürger ermöglichen und pluralistisch sein. Franziskus war am Freitag in Paraguay eingetroffen, der letzten Station seiner einwöchigen Südamerika-Reise.
Paraguay war von 1954 bis 1989 eine Militärdiktatur. An ihrer Spitze stand der deutschstämmige General Alfredo Stroessner, der das Land mit brutaler Hand regierte. Zu seinem Sturz trug auch Papst Johannes Paul II. bei. Als er das Land 1988 besuchte, traf er gegen den Willen des Diktators auch Vertreter der illegalen Opposition und erschütterte damit nachhaltig die absolute Macht Stroessners.
Eine Aufarbeitung der Diktatur hat bislang kaum stattgefunden. Nach dem Sturz Stroessners setzte die Demokratisierung nur langsam ein. Politik und Wirtschaft werden bis heute von einer sehr kleinen Oberschicht beherrscht, deren Mitglieder sich in zwei Parteien organisieren und nach demokratischen Wahlen an der Regierung ablösen.
Nie wieder "Krieg zwischen Brüdern"
Der derzeitige Staatspräsident Horacio Cartes ist zugleich einer der reichsten Unternehmer des Landes und ein einflussreicher Fußballfunktionär. Cartes hatte zuvor dem heutigen Papst für seine besondere Fürsorge gedankt, die er als Erzbischof von Buenos Aires (1998-2013) den dort lebenden Gastarbeitern aus Paraguay gewidmet habe.
Franziskus ging im Garten des Präsidentenpalasts auch auf die Kriege innerhalb Lateinamerikas in den vergangenen 200 Jahren ein; sie hatten in Paraguay besonders viele Opfer gefordert. Nie wieder dürfe es "Krieg zwischen Brüdern" geben, so der Papst.
Paraguay habe zwar in den vergangenen Jahren viele Fortschritte auf dem Weg zu einer stabilen Demokratie gemacht, räumte Franziskus ein, der aus dem Nachbarland Argentinien stammt. Der Dialog müsse aber auf allen Ebenen erheblich verstärkt werden. Das Land müsse seine inneren Konflikte überwinden und zu einer "Kultur der Begegnung" übergehen. Zugleich rief Franziskus zum Kampf gegen die weit verbreitete Korruption im Land auf.
Am Samstag: Besuch im Kinderkrankenhaus und Gottesdienst
Wie bereits am Vortag in Bolivien forderte er eine Form des Wirtschaftens, die allen Kindern Bildung, allen Familien ein Zuhause und allen Arbeitern einen Job verschafft. Die Armen dürften nicht von Entwicklung ausgeschlossen werden; niemand solle gezwungen sein auszuwandern, sagte er in Anspielung auf Hunderttausende Paraguayer, die ihr Glück in dem wohlhabenderen Nachbarländern Argentinien und Brasilien suchen.
Für heute stehen der Besuch eines Kinderkrankenhauses und ab 16.30 Uhr ein Gottesdienst im Marienheiligtum von Caacupe auf dem Programm. Über den Link unter diesem Artikel können Sie die Eucharistiefeier live verfolgen. Am Sonntag besucht Franziskus in Asuncion zum Abschluss den Slum Banado Norte, der inzwischen regelmäßig von Überschwemmungen heimgesucht wird. Für Montagmittag wird der Papst in Rom zurückerwartet.