Buh-Rufe und lautstarke, teils fremdenfeindliche Proteste begleiten die Ankunft Merkels in der Unterkunft im sächsischen Heidenau. Dort war es am Wochenende mehrfach zu rechtsextremen Krawallen gekommen.
Doch zu einem direkten Kontakt zwischen Merkel und den rund 400 Demonstranten kommt es nicht.
"Keine Toleranz gegenüber denen, die die Würde anderer Menschen infrage stellen"
Als die Kanzlerin nach gut eindreiviertel Stunden wieder aus der Notunterkunft in einem ehemaligen Baumarkt tritt, sieht man ihr nicht an, ob sie das Gesehene, die Gespräche mit einigen der knapp 600 Flüchtlinge bewegt haben. Gewohnt nüchtern und sachlich erklärt sie: "Wir müssen alle unsere Kraftanstrengungen darauf lenken, deutlich zu machen: Es gibt keine Toleranz gegenüber denen, die die Würde anderer Menschen infrage stellen." Die Kanzlerin dankt allen, die vor Ort "diesen Hass ertragen müssen".
Für die mehr als 100 anwesenden, auch internationalen Journalisten sind die Worte schwer zu verstehen - Pfiffe, Grölen und Autohupen der rund 300 Meter entfernt stehenden Protestierer begleiten das Statement. Einige skandieren "Volksverräter" und "Wir sind das Pack".
Deutschland steht vor einer großen Herausforderung
Im Vergleich mit dem emotionalen Auftritt von Vize-Kanzler Sigmar Gabriel, der am Montag Heidenau besucht und den "braunen Mob" und das rechtsextreme "Pack" gegeißelt hatte, wirkt Merkels Auftritt sehr zurückhaltend. Sie richtet in ihrem knappen Statement das Augenmerk stärker auf die Helfer: "Ich bin stolz auf die Struktur der Hilfsorganisationen, die wir hier in Deutschland haben."
Sie macht keinen Hehl daraus, dass das Land vor einer "riesigen Herausforderung" stehe, die "viel Kraft" erfordere. "Wir wissen, dass der Zustand, in dem wir uns derzeit befinden, nicht dem Normalzustand entspricht, und darauf werden wir reagieren." Dann steigt sie in ihre Limousine, um weiter ins benachbarte Glashütte zu fahren. Dort eröffnet sie am Nachmittag eine neue Uhren-Produktionsstätte.