Der Vatikan hat nach den jüngsten Veröffentlichungen von internen Dokumenten Ermittlungen aufgenommen. Es gehe um "parteiische und ungenaue" Berichte über ein vertrauliches Dokument, wonach die Vatikan-Vermögensverwaltung APSA für eine illegale finanzielle Aktivität benutzt worden sei. "Die vatikanische Justiz hat Ermittlungen in Bezug auf die Verbreitung dieses Dokuments aufgenommen", teilte der Vatikan mit, ohne zu sagen, wer Ziel der Ermittlungen sei. Die APSA habe immer mit allen zuständigen Organen zusammengearbeitet, gegen sie werde nicht ermittelt.
Die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete anschließend unter Berufung auf eigene Recherchen, es werde gegen die Autoren Gianluigi Nuzzi und Emiliano Fittipaldi ermittelt. Beide hatten in der vorigen Woche Bücher veröffentlicht, in denen sie dem Vatikan unter anderem eine "unglaubliche Geldverschwendung" vorwerfen. Beide veröffentlichten jüngst vertrauliche Dokumente, die Misswirtschaft und Korruption im großen Umfang im Vatikan belegen. Bücher der beiden waren vor einer Woche erschienen.Außerdem schreiben sie, das konservative Gegner von Papst Franziskus versuchten, dessen Bemühungen, Transparenz in die Vatikan-Finanzen zu bringen, zu hintertreiben.
Verdacht auf Diebstahl
Die vatikanische Staatsanwaltschaft ermittelt bereits gegen einen ranghohen vatikanischen Geistlichen und eine italienische PR-Fachfrau wegen des Verdachts auf Diebstahl und Verbreitung von vertraulichen Dokumenten. Der spanische Priester Lucio Angel Vallejo Balda, Sekretär der Präfektur für die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Heiligen Stuhls, ist seit anderthalb Wochen in vatikanischer Haft.
Die 33-jährige Francesca Chaouqui ist nach einer vorübergehenden Festnahme wieder auf freiem Fuß. Die vatikanische Justiz ermittelt jedoch weiter gegen sie. Da Nuzzi und Fittipaldi italienische Staatsbürger sind, müsste der Vatikan ein Rechtshilfeersuchen an Italien stellen, um sie juristisch zu belangen. Im Juli 2013 hatte der Vatikan erstmals in seiner Geschichte ein solches Ersuchen an die italienische Justiz gerichtet. Damals ging es um Ermittlungen wegen des Verdachts auf Geldwäsche gegen einen ranghohen vatikanischen Buchhalter.
Autor "gelassen"
In italienischen Medien wird regelmäßig aus vertraulichen Dokumenten oder abgehörten Telefongesprächen zitiert, ohne dass dies juristische Folgen hätte. Häufig stammt das Material zudem offensichtlich aus Justizkreisen. Daher gelten die Chancen, dass die italienische Justiz ihre vatikanischen Kollegen in diesem Fall unterstützt, als gering.
Laut Vatikansprecher Federico Lombardi hat die vatikanische Justiz Material sichergestellt, das den Verdacht gegen Nuzzi und Fittipaldi untermauert. Im Visier der Ermittler seien noch weitere Personen, die beim Ankauf der fraglichen Dokumente mitgewirkt haben könnten. Fittipaldi äußerte sich gegenüber dem Internetportal "Vatican Insider" gelassen. Er habe nichts zu befürchten. Von einem internationalen Rechtshilfeersuchen des Vatikan sei ihm nichts bekannt.
Der Vatikanstaat führte den Straftatbestand der Verbreitung von vertraulichen Informationen und Dokumenten 2013 nach der sogenannten Vatileaks-Affäre im Jahr 2012 ein. Er kann mit einer mehrjährigen Haftstrafe geahndet werden. Damals hatte der Kammerdiener von Benedikt XVI. Dokumente von dessen Schreibtisch gestohlen. Veröffentlicht wurden viele der Unterlagen in einem früheren Buch Nuzzis.