Erfahrungen mit Flüchtlingen in der Advents- und Weihnachtszeit

Privat und nicht "von außen" initiiert

Viele Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, sind Muslime. Mit Advent und Weihnachten können sie wenig anfangen. Dennoch haben sich schon im vergangenen Jahr Christen um besondere Angebote für sie bemüht.

Autor/in:
Angelika Prauß
Weihnachtsplätzchen backen / © Jörg Loeffke (KNA)
Weihnachtsplätzchen backen / © Jörg Loeffke ( KNA )

Weihnachten ist eine Zeit, in der niemand alleine sein und jeder spüren sollte, dass sich jemand um ihn kümmert. Gerade in diesem Jahr, wo das erste Mal viele Flüchtlinge die Advents- und Weihnachtszeit in Deutschland erleben, überlegen engagierte Katholiken, was den Neuankömmlingen Freude machen würde. Einige Gemeinden konnten schon im vergangenen Jahr erste Erfahrungen sammeln.

Bonner Pfarrei kümmerte sich im Advent um syrische Familie

Die Bonner Pfarrei Sankt Rochus und Augustinus beispielsweise, die sich seit Anfang 2014 um eine syrische Großfamilie kümmert, hat im Advent deren Kinder zum Basteln mit einer Kommuniongruppe eingeladen. Zwei syrische Mütter mit acht Kindern gesellten sich zu dem niederschwelligen Angebot. Gemeinsam fertigten alle Weihnachtsengel und Christbaumschmuck. "Sie haben die Engel stolz mit nach Hause genommen, schließlich gibt es auch im Islam Engel", erinnert sich Margret Debrus, die den Nachmittag mit einer Katechetin organisiert hat.

Obwohl die Großfamilie muslimisch ist, sei ihr Weihnachten durchaus ein Begriff gewesen, sagt Debrus. "Sie waren es auch in Syrien gewohnt, einen Baum aufzustellen und ihn zu schmücken." Eine junge Syrerin hat dann sogar als Engel beim Krippenspiel mitgemacht. Das Mädchen zog auch mit den Sternsingern los, um Spenden für notleidende Kinder zu sammeln.

Weihnachtsplätzchen backen

Die Bonner Gemeindemitglieder, die den muslimischen Neubürgern beim Start in den deutschen Alltag helfen, hüten sich davor, diese plump mit Advents- und Weihnachtsangeboten zu bespaßen. "Weihnachten ist kein Fest, das sie feiern", weiß Debrus. Über Hausaufgabenbetreuung, Unterstützung beim Deutschlernen oder die Begleitung zu Ämtern und Behörden sind inzwischen auch private Freundschaften zwischen deutschen und syrischen Familien entstanden. Man lädt sich ein, kocht miteinander, ohne dass das groß "von außen" organisiert werden muss.

Deshalb wird Margret Debrus im Advent mit einigen Syrerinnen Weihnachtsplätzchen backen. Und vielleicht lädt sie an einem der Feiertage eine Familie ein, "um ihnen unseren Weihnachtsbaum und die Krippe zu zeigen".

"Winterfest" und "Wunschbaum"

Da auch im hessischen Viernheim die meisten Flüchtlinge und Asylbewerber Muslime sind, hat der dortige Pfarrer Angelo Stipinovic im vergangenen Jahr eine Art "Winterfest" mit den Neubürgern gefeiert. Schon länger engagieren sich über hundert Ehrenamtliche der Pfarreien St. Hildegard und St. Michael darum in der Flüchtlingshilfe. Um Weihnachten stellte Stipinovic Räume der Gemeinde zum Feiern zur Verfügung; um musikalische Unterhaltung und das Essen kümmerten sich die Gäste - "das ist ein Tag, da werden keine Probleme gewälzt - wir sind einfach zusammen und feiern".

Außerdem organisiert die Gemeinde in jedem Advent eine Aktion mit örtlichen Unternehmern. In der Sparkasse wird ein Tannenbaum aufgestellt. Kinder von Flüchtlingen dürfen auf einem Zettel einen Wunsch im Wert von 30 Euro notieren und ihn in den "Wunschbaum" hängen - "etwas, das Kindern wirklich Freude macht, eine Puppe oder ein Spielzeugauto, keine Kleidung", erzählt Stipinovic. Bürger, die an dem Baum vorbeikommen und etwas Gutes tun möchten, kaufen dann das Geschenk und geben es bei der Bank ab. Kurz vor Weihnachten werden Kinder und Mütter ins katholische Sozialzentrum eingeladen und erhalten ihre Geschenke. Christliche Flüchtlinge organisierten sich in der Advents- und Weihnachtszeit selbst, ergänzt der Pfarrer. Unter den gerade Angekommenen sei etwa ein Diakon aus Eritrea.

Flucht mit Ähnlichkeiten an Weihnachtsgeschichte

Weihnachten mal andersrum erlebte 2014 Familie Lütz im rheinischen Bornheim-Merten: Sie hatte eine christliche Familie aus Ägypten zu Gast. Wegen Todesdrohungen war diese aus Ägypten geflohen, "die Frau war hochschwanger und bekam kurz vor Weihnachten ihr Kind", erinnert sich Isabelle Lütz, die sich in ihrer Gemeinde um rund 400 Flüchtlinge kümmert. "In der Weihnachtsgeschichte flieht die heilige Familie Ägypten - nun hatte ein ägyptisches Baby mit seiner Familie bei uns Zuflucht gefunden." Auch in diesem Jahr will sich die Katholikin mit ihrem Mann, dem Bestsellerautor Manfred Lütz, darum kümmern, "dass kein Christ alleine Weihnachten feiern muss". In diesem Jahr wird das Ehepaar eine Alleinerziehende aus dem Kosovo mit ihrem Nachwuchs einladen, und auch die ägyptische Familie wird wieder kommen.

Aber auch muslimische Flüchtlinge sind bei Familie Lütz willkommen - für sie sei Silvester eher ein sensibles Datum, sagt Isabelle Lütz.

Zum vergangenen Jahreswechsel hat die Familie 35 Flüchtlingen aus zehn Nationen zu sich eingeladen. "An dem Abend hat man viel Zeit, wir haben zusammen gekocht, erzählt und musiziert." Nur das Feuerwerk um Mitternacht kam nicht bei allen Gästen so gut an - "bei einigen kamen durch die Knallerei unangenehme Assoziationen durch".


Quelle:
KNA