In Kenia kritisierte der Papst korrupte Eliten und Patriarchat

Franziskus nimmt Afrika in die Pflicht

Auf der ersten Etappe seiner Afrika-Reise hat der Papst nicht mit Mahnungen gespart - und die Reichen und Einflussreichen Kenias zur Verantwortung gerufen. Das gefiel nicht allen. Andere bejubelten ihn wie einen Popstar.

Autor/in:
Thomas Jansen
Franziskus erhält von kenianischen Jugendlichen ein Geschenk / © Daniel Irungu (dpa)
Franziskus erhält von kenianischen Jugendlichen ein Geschenk / © Daniel Irungu ( dpa )

"Ich fühle mich hier sehr zu Hause", sagt Franziskus in der Kirche des heiligen Arbeiters Joseph. Dabei wirkt ihre Lage zwischen Wellblechbehausungen und ungeteerten Straßen wenig einladend. Am letzten Tag seiner Kenia-Reise besucht der Papst in Nairobi den Slum Kangemi. In kaum einer afrikanischen Stadt sind die sozialen Gegensätze krasser als in Kenias Hauptstadt, wo Wolkenkratzer, Shopping Malls und schäbige Hütten dicht beieinander liegen. Alle Christen, "vor allem ihre Hirten", müssten Initiativen ergreifen, um die zahlreichen Ungerechtigkeiten abzustellen, unter denen die Bewohner der Slums litten, fordert der Papst in seiner Rede.

Anklage der Armut

Die Anklage der Armut ist ein Leitmotiv seiner knapp 48-stündigen Kenia-Reise. Bereits zu Beginn seines Besuchs hatte Franziskus am Mittwoch der politischen Klasse ins Gewissen geredet und soziale Gerechtigkeit gefordert. "Wem viel gegeben ist, von dem wird auch viel gefordert", sagte er vor einer Elite, die oft nach dem Motto verfährt: "Wer viel hat, bekommt noch mehr". Der Papst, der sonst nicht müde wird, ein ungerechtes Weltwirtschaftssystem zu geißeln, machte in Nairobi deutlich, dass auch die afrikanischen Führungsschichten gefordert sind. Er kritisierte die grassierende Korruption und forderte zur Überwindung ethnischer und religiöser Spaltungen auf.

Die politische Klasse müsse "mit Redlichkeit und Transparenz für das Gemeinwohl" arbeiten und für eine gerechte Verteilung der Ressourcen sorgen, so Franziskus. Seine Kritik der einheimischen Eliten fiel allerdings weniger hart aus als bei Benedikt XVI. 2011. Damals appellierte der oft als vermeintlich unpolitisch geltende Papst an die Führer Afrikas, ihren Völkern die Gegenwart nicht zu "verstümmeln".

Plädoyer für die Familie

Dass Franziskus in Kenia ein Plädoyer für die Familie halten würde, lag auf der Hand. Bemerkenswert war allerdings auch hier, dass er nicht zuerst die negativen Einflüsse der westlichen Kultur anprangerte, wie dies afrikanische Bischöfe zuletzt taten. Stattdessen sprach er bei der Messe in Nairobi ungewöhnlich offen hausgemachte Missstände an: Er rief zu Widerstand gegen die in Kenia immer noch verbreitete weibliche Genitalverstümmelung auf.

Generell kritisierte er die Herabsetzung der Frau in der patriarchalischen Gesellschaft. Er rief dazu auf, sich allen Praktiken zu widersetzen, die "Arroganz unter den Männern begünstigen, die die Frauen verletzen oder verachten". Erst zum Abschluss seiner Reise im Slum Kangemi kritisierte der Papst dann ausdrücklich "neue Formen des Kolonialismus" und nannte dabei ausländischen Druck auf afrikanische Staaten zur Senkung ihrer Geburtenrate.

Begegnung mit obersten Muslimen des Landes

Die Begegnung des Papstes mit dem obersten Repräsentanten der Muslime in Kenia war angesichts des islamistischen Terrors im Land und dem angespannten Verhältnis zwischen Christen und Muslimen von besonderer Bedeutung. Dass dieser den Papst am Donnerstag dann auch noch mit einem Zitat des katholischen Theologen Hans Küng begrüßte, stimmte hoffnungsvoll. Bereits in seiner Begrüßungsansprache hatte Franziskus zumindest indirekt auch Kritik am Verhalten der Regierung gegenüber den Muslimen geäußert, als er eine Überwindung der religiösen Spaltung forderte. Die Muslime beklagen Diskriminierung und willkürliche Verhaftungen.

Rede am Sitz des Umweltprogramms der Vereinten Nationen

Der Empfang des Papstes in Kenia war insgesamt verhalten freundlich. Überschwängliche Begeisterung gab es allenfalls beim Treffen mit Jugendlichen am Freitag. Auffällig war auch, dass der Jubel für den Präsidenten Uhuru Kenyatta meist ebenso groß war. Das katholische Staatsoberhaupt versuchte offensichtlich, aus dem Besuch des Papstes politisches Kapital zu schlagen. Vor allem der Empfang durch die politische Klasse des Landes am Mittwoch wirkte kühl. Am Sitz der Vereinten Nationen in Nairobi hingegen wurde der Papst wie ein Star umjubelt. Schließlich hat sich Franziskus so nachdrücklich wie kein Papst vor ihm auf dem Schwarzen Kontinent für den Umweltschutz eingesetzt.

Seine Rede am Sitz des Umweltprogramms der Vereinten Nationen in Nairobi vom Donnerstag hatte hohe Symbolkraft. Das Thema Umweltschutz dürfte den Papst ebenso wie Korruption und Familie auch in seinem nächsten Besuchsland Uganda begleiten.

 


Quelle:
KNA