Der Hammer fällt um 19.26 Uhr - nur wenige Minuten, nachdem das Schlussplenum der Weltklimakonferenz am Samstagabend in Paris eröffnet worden ist. Konferenzpräsident Laurent Fabius spricht die entscheidenden Worte: "Das Abkommen ist angenommen." In seinem Gesicht löst sich die Anspannung, ein Schmunzeln umspielt seine Lippen. Jubel brandet auf, die Delegierten erheben sich. Für Fabius (69) ist es auch ein persönlicher Triumph: Seine Verhandlungsführung wird von den Klimadiplomaten einhellig als Meisterstück gefeiert.
Nach nächtelangen Verhandlungen steht ein Abkommen, das alle Staaten der Welt zum Klimaschutz verpflichtet. Es peilt eine Obergrenze für den Temperaturanstieg an: 1,5 bis zwei Grad. Es setzt ein Langfristziel: null Emissionen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts - wobei das auch mit Hilfe der umstrittenen Kohlenstoffspeicherung oder mit Aufforstungen erreicht werden kann.
Regelmäßig überprüft und nachgebessert
Ein Revisionsmechnismus soll dafür sorgen, dass die selbstgesteckten Klimaziele der Staaten regelmäßig überprüft und nachgebessert werden. Fabius trieb die die zweiwöchige Konferenz energisch und zugleich soigniert-höflich voran. Er legte einen eng getakteten Zeitplan für die Vorlage der Entwürfe fest, ernannte vermittelnde Emissäre und band Querulanten ein, indem er sie zu Leitern von Verhandlungsgruppen bestimmte. Die Franzosen haben eben die besten Diplomaten», lobte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD).
In den entscheidenden letzten Tagen des Gipfel ließ Fabius dann in sogenannten "Indaba"-Runden verhandeln - ein vom Zulu-Volk inspiriertes Gesprächsformat, das Südafrikas Außenministerin Maite Nkoana-Mashabane beim Klimagipfel 2011 in Durban eingeführt hatte. Dabei sitzen um einen Tisch herum ausgewählte Minister, die die unterschiedlichen Ländergruppen und Interessen repräsentieren - alle anderen Staaten sind auch im Raum vertreten, dürfen sich äußern, damit sich keiner ausgeschlossen fühlt. Damit legte Fabius den Grundstein für den späteren Konsens.
"Allianz der Ehrgeizigen": Staaten rückten enger zusammen
Eine für Außenstehende unerwartete, aber offenbar wohl durchdachte Dynamik entwickelte die Frage nach der Obergrenze für den Temperaturanstieg. Das Skript dafür wurde in großen Teilen im Bundesumweltministerium geschrieben. Ressortchefin Hendricks verriet: Ihr Haus habe bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dafür gesorgt, dass die Kanzlerin in ihrer Gipfel-Eröffnungsrede auf die Bedrohung der kleinen Inselstaaten hinwies. Das Zwei-Grad-Ziel reiche für diese Staaten nicht aus, sagte Merkel. Zwei Grad - das war der bis dahin der anerkannte Richtwert der Klimapolitik gewesen, von der Staatengemeinschaft 2010 in Cancún beschlossen.
Im Laufe des Konferenz sprachen sich immer mehr Industriestaaten dafür aus, neben der Festlegung des Zwei-Grad-Ziels im Vertrag auch die von den Inseln verlangten 1,5 Grad Celsius zu erwähnen. Zugleich konkretisierten sie ihre Finanzzusagen an arme Staaten, afrikanischen Ländern wurden Milliarden für den Ausbau erneuerbarer Energien versprochen. Damit rückten reiche Länder und besonders von der Erderwärmung bedrohte Staaten enger zusammen: Schließlich bildeten sie eine "Allianz der Ehrzeigen" aus über 100 Parteien, darunter die USA und die EU.
Das Bündnis war ein Signal an die aufstrebenden Wirtschaftsmächte China und Indien, die vor internationalen Zugeständnissen beim Klimaschutz bislang zurückschreckten, und Ölstaaten wie Saudi-Arabien, das sich in den Tagen und Nächsten vonr Paris immer wieder als Bremser erwiesen hatte. Dass sich in den entscheidenden Stunden auch Brasilien als großes Schwellenland der "Allianz der Ehrgeizigen" anschloss, ließ Klima-Aktivisten jubeln. Greenpeace sprach von einem "Game Changer" - einem Wendepunkt im heiß umkämpften Gipfel-Finale, das am Samstagabend mit einem Jubelsturm endete.