Ist das die Trendwende? Bereits im August hatte das Statistische Bundesamt mitgeteilt, dass im Jahr 2014 rund 715.000 Kinder geboren wurden - fast fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Zuletzt waren im Jahr 2004 mehr als 700.000 Babys in Deutschland zur Welt gekommen.
Aber die Statistiker blieben skeptisch: Die wieder steigenden Kinderzahlen ließen sich möglicherweise einfach mit der demografischen Entwicklung erklären, hieß es damals: Weil die Zahl der Frauen steige, die zwischen 26 und 35 Jahren alt sind und besonders häufig Nachwuchs bekommen, steige auch die Kinderzahl wieder an, hieß es damals. Trendwende ungewiss. Denn nach 2020 werde die Zahl der Frauen in diesem Alter voraussichtlich deutlich schrumpfen. Dann könne ein erneutes Geburtentief entstehen.
Mehr Kinder je Frau, weil vieles stimmt
Doch die am Mittwoch vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Zahlen belegen, dass auch die durchschnittliche Kinderzahl je Frau wieder steigt und sich grundsätzliche Änderungen andeuten: Eine Frau im gebärfähigen Alter brachte im vergangenen Jahr statistisch gesehen 1,47 Kinder zur Welt. Das ist der höchste Wert seit der Wiedervereinigung und der dritte Anstieg der Geburtenziffer in Folge. Im Jahr 2013 hatte sie knapp 1,42 betragen. Der Tiefpunkt lag in den Jahren 1994 und 1995, als dieser Wert bei wenig mehr als 1,2 lag.
Olga Pötzsch vom Statistischen Bundesamt spricht mit Blick auf die neuesten Zahlen lieber von einer sehr positiven Entwicklung. Ob es sich um eine Trendwende handele, lasse sich erst nach fünf bis zehn Jahren beurteilen, rät sie zur Vorsicht. Verantwortlich für den Anstieg seien mehrere Faktoren: mehr Frauen in den Jahrgängen, die besonders häufig Nachwuchs bekommen, eine gute wirtschaftliche Situation, familienpolitische Maßnahmen.
Aber die Demografin sieht auch Entwicklungen, die auf eine Trendwende hindeuten: Besonders stark nahm die Geburtenhäufigkeit bei den Frauen der Jahrgänge 1976 bis 1985 zu, die 2014 zwischen 29 und 36 Jahre alt waren. Diese Frauen hatten im jüngeren gebärfähigen Alter deutlich weniger Kinder zur Welt gebracht als Frauen der älteren Jahrgänge. Jetzt realisieren sie ihre bisher aufgeschobenen Kinderwünsche verstärkt im höheren Alter.
Abstände zwischen erstem und zweitem Kind bleiben stabil
Noch bemerkenswerter findet Pötzsch, dass die Geburtenhäufigkeit jüngerer Frauen bis 25 Jahre erstmals seit 1997 nicht zurückgegangen ist. "Wenn diese Entwicklung stabil bleibt, wäre das eine gute Grundlage für einen weiteren Anstieg der Geburtenzahl in Deutschland", analysiert die Demografin.
Als negatives Anzeichen wertet sie allerdings, dass die Geburtenabstände seit 2009 sehr stabil bleiben: Etwa die Hälfte der zweiten Kinder werden innerhalb von 3,3 Jahren nach dem ersten Kind geboren, die andere Hälfte erst später. Zwischen erstem und drittem Kind liegen durchschnittlich fast sieben Jahre. Das bedeutet im Umkehrschluss: Fast nur die Frauen, die relativ früh mit der Familiengründung beginnen, bekommen auch drei Kinder.
Auch das durchschnittliche Alter der Mütter bei der Geburt nahm weiter zu. Die Mütter der Erstgeborenen waren 2014 mit durchschnittlich 29,5 Jahren um gut zwei Monate älter als die Mütter bei der Geburt ihres ersten Kindes im Jahr 2013. Beim zweiten Kind waren Mütter rund 32 Jahre alt und damit um einen Monat älter als Mütter bei der zweiten Geburt im Vorjahr. Das durchschnittliche Alter der Mütter beim dritten Kind hat dagegen nur geringfügig um weniger als einen halben Monat auf gut 33 Jahre zugenommen.