Das sagte der Rechtsanwalt Ulrich Weber am Dienstag in Regensburg der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Zu den Gesprächsinhalten wollte Weber nichts sagen. An der Runde nahm neben mehreren Opfern auch der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer teil.
Bei dem weltberühmten Knabenchor kam es zwischen 1953 und 1992 zu hunderten Fällen von körperlicher und sexueller Gewalt. Weber, der im vergangenen Jahr vom Bistum mit einer entsprechenden Untersuchung betraut wurde, gibt die Zahl der bisher bekannten Prügel- und Misshandlungsfälle mit 231 an, die des sexuellen Missbrauchs mit 62. Der Regensburger Jurist sprach Anfang Januar in einem Zwischenbericht von einem "System der Angst", das über Jahrzehnte hinweg in den Einrichtungen der Domspatzen geherrscht habe.
An dem Gespräch nahmen auch der Regensburger Generalvikar Michael Fuchs, vier Mitglieder des Domspatzen-Stiftungsvorstands und zwei Mediatoren teil. Die Runde war von Weber einberufen worden, der auch über die Zusammensetzung bestimmte. Der Jurist sagte der KNA, zu den Inhalten wolle er nichts sagen: "Ich möchte meine Neutralität bewahren." Weitere Termine sind bereits vereinbart. Aus Teilnehmerkreisen verlautete, dass man sich in kurzen Abständen treffen will.
"Wir können bestätigen, dass wir die Gespräche als zielführend, gut und konstruktiv empfunden haben", sagte ein Bistumssprecher der KNA. Man wolle dem unabhängig tätigen Ermittler Weber aber nicht in seine Arbeit hineinreden, "weder öffentlich noch unöffentlich". Nach den Worten von Berthold Wahl, Leiter des Domspatzen-Gymnasiums, verlief das Treffen in einer "ausgesprochen angenehmen und freundlichen Atmosphäre". Es seien auch Ziele festgelegt worden, "die wir angehen wollen". Alle Teilnehmer wünschten, dass die Vorfälle "in einer friedlichen und menschenwürdigen Atmosphäre geklärt werden".
Bistum will Untersuchung zur Geschichte des Chores vorlegen
Zu jüngst erhobenen Vorwürfen, viele Lehrer bei den Domspatzen seien auch durch eine NS-Vergangenheit belastet, wollte sich Weber nicht äußern. "Das ist nicht mein Thema", sagte er. Sein Gegenstand sei die körperliche, sexuelle und psychische Gewalt bei dem Chor. Ein Ex-Mitglied des Chors hatte geäußert, in der Domspatzen-Vorschule seien "lauter frühere SA-, SS- und NSDAP-Leute" gewesen, die an einer normalen Schule nicht hätten unterrichten dürfen. Das Bistum erklärte daraufhin, es gebe bereits einen Untersuchungsauftrag zur Geschichte des Chors. Wenn dieser vorliege, könne man sich dazu qualifiziert äußern.
Die von Ex-Domspatzen erhobenen Vorwürfe reichen von Schlägen, psychischer Gewalt, Essensentzug oder Zwangsernährung bis hin zu sexuellen Übergriffen vom "Streicheln" bis zur Vergewaltigung. Die Dunkelziffer der Opfer schätzt Rechtsanwalt Weber auf bis zu 700. Allein in den vergangenen Wochen haben sich mehrere Dutzend mögliche Betroffene gemeldet. Die bisher bekannten Opfer erhielten als "symbolische Anerkennung des Leids" je 2.500 Euro. Zudem werden die Kosten für Therapien übernommen.
Bischof Voderholzer hatte die Opfer der Übergriffe mehrfach um Entschuldigung gebeten. Jeder einzelne Fall tue ihm "in der Seele weh", äußerte er vor Kurzem. Der Geistliche betonte, die Zeitbedingtheit der Pädagogik rechtfertige "in keiner Weise die Exzesse körperlicher Züchtigung, wie wir sie beklagen müssen, und erst recht nicht die Fälle sexueller Gewalt, die zutage getreten sind". Weber hatte erklärt, selbst wenn man die Züchtigungen im Zusammenhang zu den damaligen Erziehungsmethoden sehe, zeige sich eine "grobe Unverhältnismäßigkeit".