Kardinal Woelki verschenkt Reliquien der Heiligen Drei Könige

Knochen im Gepäck

Am Donnerstag fliegt Kardinal Woelki nach Japan. Im Gepäck hat er eine kostbare Reliquie der Heiligen Drei Könige für die Partnergemeinde Tokio. Was es mit dem kostbaren Präsent auf sich hat, erklärt Historiker Joachim Oepen.

 (DR)

domradio.de:  Ist das gang und gäbe, dass Reliquien aus dem Dreikönigsschrein verschenkt  werden?

Dr. Joachim Oepen (Stellvertretender Direktor des Historischen Museums des Erzbistums Köln): Sie können verschenkt werden. Wie wir das jetzt eben sehen am nächsten Sonntag in Tokio. Aber gang und gäbe ist es natürlich nicht. 1864 wurde die innere Hülle des Dreikönigen-Schrein geöffnet und wieder verschlossen. Da hat man Reliquien entnommen und hat in der Tat sehr großzügig verschiedene Anfragen nach Reliquien bedient. Es ist aber danach zur absoluten Seltenheit geworden. Und meines Wissen nach, kann man der Schenkung der Reliquie nach Tokio im Grunde genommen nur die Schenkung von Dreikönigs-Reliquien nach Mailand an die Seite stellen. Und das war 1903. Allein daran sehen wir, dass das alles andere als üblich ist.

domradio.de: Wer darf das entscheiden? Der Dreikönigsschrein gehört doch dem Kölner Dom…

Oepen: In dem Fall spielt das keine Rolle. Grundsätzlich entscheidet in einem Bistum der Ortsbischof über die Weitergabe von Reliquien, wie auch überhaupt über die Öffnung von Schreinen. Das heißt also: Nicht nur bei den Dreikönigs-Reliquien, sondern überhaupt von Reliquien-Schreinen im Erzbistum entscheidet der Bischof. Das konkrete Prozedere wird dann von einem Beauftragten des Erzbischofs übernommen.

domradio.de: Gibt es da Kriterien, welche Knöchelchen verschenkt werden dürfen?

Oepen: Es gibt keine festgelegten Kriterien etwa im Kirchenrecht. Das ist eine Absprache-Sache. Es gibt einen gewissen Usus. Das muss dann von Fall zu Fall überlegt und vereinbart werden. Das sehen Sie ja an den beiden Fällen in den letzten 100 Jahren, dass es dann schon immer mit einer besonderen Bedeutung verknüpft ist.

domradio.de: Wie groß ist jetzt das Stückchen, das in dem Kästchen liegt? 

Oepen: Also das Stückchen, das nach Tokio geht, das liegt nicht in einem Kästchen, sondern ist schon einem Reliquiar eingepasst. Dieses ist kleiner als eine Streichholzschachtel.

domradio.de: Was ist denn jetzt das Besondere an dieser Reliquie, die nach Japan geht? Was ist der Anlass?

Oepen: Der Anlass ist das Weihejubiläum der Kathedrale in Tokio. Daran sehen wir in der Tat, dass das etwas Außergewöhnliches ist, was da passiert. Tokio ist seit 1954 das Partnerbistum des Erzbistums Köln und im Zuge dieser langen Partnerschaft und der Tatsache, dass eben das Erzbistum Köln mit an der Kathedrale gebaut hat, wenn Sie so wollen, soll es gewürdigt und unterstrichen werden und die Verbindung zwischen Köln und Tokio sichtbar gemacht werden. Aus diesem Grund erfolgt also die Schenkung der Reliquie.

domradio.de: Warum sind denn auch noch heute - in aufgeklärten Zeiten - Reliquien ein gern gesehenes Gastgeschenk für katholische Gemeinden im Ausland?

Oepen: Wir haben es hier mit dem Fall zu tun, dass da nicht der materielle Werte eine Rolle spielt, sondern der historisch-symbolische Wert, um die Verbindung zu verdeutlichen. In dem anderen Fall aus dem Jahr 1903 – also der Weitergabe der Dreikönigsreliquien an Mailand können Sie einen weiteren Bezug sehen, nämlich darin, dass die Dreikönigs-Reliquien ursprünglich aus Mailand stammen. Sie stammen aus dem Jahr 1164 und - wenn man genau hinguckt - war das eine Kriegsbeute des Kölner Erzbischofs, die er aus Mailand mitgenommen hat. Das war dann symbolisch eine Wiedergutmachung. Sie merken, dass sind hochrangige Gründe.

Das Interview führte Dagmar Peters.


Quelle:
DR